Datenschutzgesetz: Profilen ohne Schranken

Nr. 38 –

Die grossen Schweizer Wirtschaftsverbände sind drauf und dran, dem Wirtschaftsstandort nachhaltig Schaden zuzufügen: Am Erscheinungstag dieser WOZ berät der Nationalrat nach einer dreijährigen Debatte endgültig die Totalrevision des Datenschutzgesetzes (DSG). Seit jeher lobbyiert die Wirtschaft für den Abbau von Hürden beim Profiling: dem automatisierten Auswerten von Personendaten, Analysieren von Verhaltensmustern und Erstellen von Persönlichkeitsprofilen.

Das Lobbying hat Erfolg: Die vorberatende Staatspolitische Kommission des Nationalrats hält – trotz Widerstand aus dem Ständerat – unbeirrt an einer DSG-Revision ohne Schranken für das Profiling fest. Kommt der Vorschlag von Economiesuisse und Co. mit Hilfe der bürgerlichen Mehrheit durchs Parlament, droht ein Datenschutzgesetz, das NutzerInnen gerade nicht vor dem Missbrauch ihrer Daten schützt.

Der Vorschlag ist aber längst nicht nur aus Sicht der NutzerInnen problematisch. Das revidierte DSG muss nämlich mit der Datenschutzgrundverordnung der EU kompatibel sein, damit die Schweiz weiterhin zum europäischen Datenraum zählt und der gegenseitige Datenverkehr ohne administrativen Mehraufwand fliessen kann. Nun wirft ein Rechtsvergleich zwischen dem Schweizer Gesetz und der europäischen Verordnung ernsthafte Zweifel an der Kompatibilität auf.

Gemäss der Digitalen Gesellschaft, die den Rechtsvergleich erstellt hat, ist das Schweizer Schutzniveau aufs Profiling bezogen «nicht ausreichend». In der EU-Verordnung ist die Verarbeitung personenbezogener Daten grundsätzlich rechtswidrig – es sei denn, sie ist für eine Vertragserfüllung nötig. In der Schweiz hingegen ist sie immer zulässig. Es brauche deshalb dringend ein Widerspruchsrecht – eine Möglichkeit also, das Profiling auf eigenen Wunsch hin zu unterbinden («Opt-out»). Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die zuständige EU-Kommission die Kompatibilität nicht anerkenne. Noch kann dieses – insbesondere wirtschaftliche – Risiko in allerletzter Sekunde vermieden werden.