LeserInnenbriefe

Nr. 50 –

Firmen kasteien?

«Pandemiebewältigung: ‹Frau Meyer, was werfen Sie Economiesuisse vor?›», WOZ Nr. 49/2020

Man sollte «die Firmen nicht kasteien», meint Rudolf Minsch von Economiesuisse im Streitgespräch mit SP-Kopräsidentin Mattea Meyer. Firmen? Kasteien? Vor meinem inneren Auge steigen Bilder auf: Konzernverantwortliche, die in Sack und Asche gehen, ein zerknirschter Verwaltungsratspräsident, der staunenden Stakeholdern erklärt, dass jetzt Massnahmen ergriffen werden müssen, die richtig wehtun. Es müsse viel Geld in die Hand genommen und nachhaltig in das Gemeinwesen investiert werden, wenn die Gesellschaft nicht vollends auseinanderbrechen soll …

Nein, kasteien können wir keine Firmen, dazu müssten diese schon selbst finden. Kasteien tat man sich früher allenfalls selbst, aber keine Angst, heute ist diese Art der Busse längst aus der Mode. Bloss das Wort blieb noch übrig und sucht scheints verzweifelt einen neuen Sinn.

Susi Fähnle-Gimpert, Hasliberg Reuti

Ein Dank der WOZ

Zur WOZ allgemein

Ich bin seit eurem Anfang Leser der WOZ. Ihr habt nichts an Offenheit und Authentizität eingebüsst. Ich bin sehr dankbar, euch weiterhin lesen zu dürfen. Denn selbst eine «Republik» ist dermassen zahm und konventionell, dass mir manchmal fast «schlecht» wird.

Danke dem WOZ-Team, ohne dieses Engagement wäre die Informationswelt in der Schweiz ein trauriger Friedhof, eine leblose Wüste.

Franz Vettiger, Basel

Gerne positiv-skeptischer

«LeserInnenbriefe: Seichter?», WOZ Nr. 49/2020

Zum Leserbrief von Guido Besmer: eindeutig richtig und wichtig. Die WOZ ist nicht nur «zu brav», sondern zu mainstreamig geworden.

Ich staunte schon im März über die sonst kultivierte Bundespräsidentin, die mit ihrem «Wir lassen euch nicht im Stich», «Der Bundesrat kümmert sich um euch» peinlich zur Landesmutti mutierte, dann über das Parlament, das sich selbst entmachtete, über Grüne und Linke, die sich in vorauseilendem Gehorsam überboten.

Dass meine jungen Klimastreikfreunde sofort in die Versenkung verschwanden, konnte ich mit ihrer Müdigkeit entschuldigen. Aber dass die JournalistInnen, eben auch in der WOZ, die Panik nie zu hinterfragen begannen, ist für mich schon erstaunlich «chinesisch».

Alles beginnt ja beim Denken. Und für ein paar vorurteilslose Gedankenübungen sollten wir uns genug Zeit nehmen. Zum Beispiel: Wer wird nach der Krise reicher sein, wer ärmer? Was machen wir bei allen zukünftigen Grippen, Epidemien und Pandemien? Was wird die verstärkte Digitalisierung mit uns machen?

Am meisten treibt mich als Pädagoge die Frage um: Wie werden die Kinder, die einen sinnlich-gesunden rebellischen Geist auf die Welt bringen wollten, überleben können nach diesen Angriffen auf ihre Entwicklung? Wird es für sie noch ein richtiges, natürliches, menschliches, analoges Leben geben im falschen?

Die Aufgabe der Medien ist es, möglichst objektiv «zu berichten, was ist», also auch Statistiken zu vergleichen, zum Beispiel die Sterberaten der letzten Jahre dazuzunehmen und so weiter – sie sollen neben den negativen Berichten ebenso viel Erfreuliches recherchieren.

Also hoffe ich, noch immer Optimist, dass auch ihr von der WOZ positiv-skeptischer werdet in dieser historischen Krise.

Ruedi Höhn, Winterthur

Kritische Stimmen, bitte!

Ich möchte mich dem Leserbrief von Guido Besmer in der WOZ vom 3. Dezember anschliessen. Auch ich bin eine Leserin der ersten Stunde und vermisse ganz stark die kritischen Stimmen zur Coronamassnahmenpolitik. Die Linke demonstriert zurzeit einen seltsamen blinden Gehorsam in Sachen Gesundheitspolitik, den ich, als aktives SP-Mitglied, überhaupt nicht nachvollziehen kann.

Ausgezeichnet fand ich den Artikel von Bettina Dyttrich auf der Titelseite («Trotz allem ein Erfolg»). Ihre Artikel gefallen mir ausnahmslos, wie auch die Ruedi-Widmer-Cartoons, die Kolumnen von Stefan Gärtner und vieles andere mehr.

Begeistert bin ich auch davon, dass die WOZ in der heutigen hastigen Zeit gründliche Korrekturarbeit leistet (und eine witzige Korrekturkolumne unterhält), sodass ich schmunzeln musste, als ich tatsächlich in der neusten Ausgabe einen Sprachfehler bemerkte (in der Bildlegende zu «Phöniziens Fall»). «… und stellten sie kurzerhand auf die Strasse» müsste es natürlich heissen.

Kathrin Cooper, Binz

Der Dreisäulenpoker

«Pensionskassen: Ein Geldberg, der nur Probleme macht», WOZ Nr. 48/2020

Die ausgezeichnete Recherche von Daniel Stern zur historischen Entwicklung des international hochgelobten Schweizer Dreisäulenprinzips in der Altersvorsorge ist brisant und vielsagend.

Man fragt sich angesichts des langjährigen politischen Reformstaus auf diesem Gebiet, ob es kritischen Kräften nicht gelingen könnte, die Idee einer existenzsichernden AHV neu zu lancieren (siehe den Vorschlag vom Denknetz). Die gegenwärtige Tendenz, angestossen durch die Tiefzinslandschaft, welche die Erträge der zweiten Säule infrage stellt, geht ja im Gegenteil dahin, den Leuten vermehrt die dritte Säule schmackhaft zu machen, also das zusätzliche eigene Sparen – und damit die Finanzwirtschaft weiter zu füttern.

Der Autor berichtet dann von der Gründung der Zürcher Sammelstiftung Nest. Zu erwähnen wären auch zwei weitere Sammelstiftungen mit ähnlichem Gründungsimpuls: die Basler Abendrot und die Berner CoOpera/PUK. Zu Letzterer ist gerade ein Buch von Matthias Wiesmann im Futurum Verlag erschienen, welches im Sinne der kritischen Ausführungen von Daniel Stern zusätzlich den pragmatischen und spannenden Weg nachzeichnet, wie in der zweiten Säule zukunftsträchtige Projekte direkt unterstützt werden.

Gerold Aregger, Gysenstein/Bern