Massenüberwachung: Licht ins Dunkel

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Egal ob Mail, Chat oder Google-Suche: Die elektronische Kommunikation von uns allen kann von Geheimdiensten gescannt werden. In der Schweiz ist dafür das Zentrum elektronische Operationen der Armee (ZEO) zuständig. Es zapft grenzüberschreitenden Datenverkehr an, der über Glasfaser oder Satellit läuft. Das beinhaltet fast alles: Wird ein Mail von Belp nach Worb geschickt, ist die Chance gross, dass dies über ausländische Server geschieht. Die Überwachung funktioniert über Suchbegriffe: Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) definiert diese, das ZEO liefert dann die Treffer. Diese «Funk- und Kabelaufklärung» dient laut Gesetz dazu, Vorgänge im Ausland zu erfassen – wobei auch Daten von Personen im Inland beim NDB landen können.

Die Digitale Gesellschaft und sieben Personen – darunter die WOZ-MitarbeiterInnen Noëmi Landolt und Heiner Busch – wollten sich diese Massenüberwachung nicht gefallen lassen und forderten den NDB mit Verweis auf diverse Grundrechte unter anderem dazu auf, die Funk- und Kabelaufklärung einzustellen. Der NDB lehnte die Anträge ab. Man setze das demokratisch legitimierte Nachrichtendienstgesetz um; im Übrigen gebe es in der entsprechenden Datenbank keine Einträge zu den AntragstellerInnen. Letzteres ist ein Witz: Darin werden lediglich die Suchbegriffe fürs ZEO abgelegt; inländische Personen als solche zu definieren, ist dem NDB aber verboten. In nächster Instanz lehnte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab – aus formellen Gründen. Anfechtbar seien nur konkrete, gegen die BeschwerdeführerInnen gerichtete Überwachungsmassnahmen, nicht das System als solches.

Also auf zum Bundesgericht. Das hält die Argumentation der Vorinstanz für «nicht überzeugend»: Die Massnahmen seien «geheim und werden den Betroffenen auch nachträglich nicht bekannt gegeben», schreibt es im eben publizierten Entscheid. Da es den Beschwerdeführenden also nicht möglich sei, konkret sie betreffende Massnahmen anzufechten, seien sie darauf angewiesen, «das ‹System›» überprüfen zu lassen. Das Bundesverwaltungsgericht muss nun erneut urteilen – diesmal umfassend. Es muss auch die Praxis und die Kontrollmechanismen berücksichtigen und entsprechende Informationen beschaffen. «Eine solch konkrete gerichtliche Überprüfung der Überwachung hat es in der Schweiz noch nie gegeben», freut sich Anwalt Viktor Györffy. Angesichts dessen, dass der NDB in der Vergangenheit notorisch die gesetzlichen Grenzen überschritten hat, dürfte es ein interessanter Prozess werden.