LeserInnenbriefe

Nr. 8 –

Hilft es? Nützt es?

Zur Abstimmung vom 7. März über die Nennung der Nationalität in Polizeimeldungen im Kanton Zürich

Ein Schweizer, ein Italiener und ein Serbe hätten den Überfall begangen. So stehts in der Zeitung. Wie relevant sind die Aussagen für den Lesenden? Hilft es? Nützt es? Wer will es wissen? Wäre es auch interessant zu erfahren, ob bei der Schlägerei oder beim Autounfall ein Aargauer, ein Walliser und ein Luzerner involviert sind? Wieso nicht? Bei der Massenkollision auf der A1 bei Härkingen durch Nebel waren Autolenker aus dem Thurgau, aus St. Gallen, Schaffhausen und dem Jura beteiligt. Im Zürcher Lokalblatt könnte doch darauf verwiesen werden, dass ein Wollishofer, ein Stettbacher und ein Albisrieder im Nachtclub nach Belästigungen des Personals verhaftet wurden. Und in der Quartierzeitung müsste folglich erwähnt sein, dass die prügelnden Gäste von der Hinterhofstrasse, der Oberaustrasse und der Mittelgasse kommen und einer sogar am Waldweg wohnt.

Urs Heinz Aerni, Zürich

Sachlich, geduldig, ruhig

«Verhüllungsverbot: Egerkinger Eiferer», WOZ Nr. 6/2021

In diesem Artikel, der aufzeigen will, aus welcher Geisteshaltung die Initiative des Burkatragverbots lanciert wurde, die am 7. März zur Abstimmung kommt, wird gegen Saïda Keller-Messahli polemisiert. Dem möchte ich entschieden entgegentreten!

Saïda Keller-Messahli war jahre-, wenn nicht jahrzehntelang die gefragte Expertin in unzähligen politischen und religionsbezogenen Gesprächsrunden am Radio DRS und am Schweizer Fernsehen. Immer und immer wieder hat sie die Mehrheit der muslimischen Menschen in der Schweiz vertreten, oft auch verteidigt und deren moderate, weder zu Zwang noch zu Gewalt neigende religiöse Haltung mit grosser Sachkenntnis, ruhig und sachlich erklärt und eingeordnet. Für ihre Sachlichkeit, Geduld und Ruhe habe ich sie oft bewundert.

Als sie 2017 das Sachbuch «Islamistische Drehscheibe Schweiz» veröffentlichte, in dem sie radikale, fundamentalistische Bewegungen in unserem Land beschreibt, analysiert und in einen internationalen Zusammenhang stellt, blieb es meines Wissens und zu meinem Erstaunen in der linken Presse auffällig ruhig. Dass sie nun in der WOZ auf sehr polemische Weise als ständig «gegen das IS-Symbol Burka» wetternd, als «nominierte Aktivistin» für den diskriminierenden «Stop Islam Award» (den sie ablehnte, wie auch gesagt wurde) im Artikel eingeflochten wurde, die dann aber doch «für einmal mit ihrer Einschätzung richtig» gelegen habe, empfinde ich als unfair.

Saïda Keller-Messahli engagiert sich für einen weltoffenen, reformorientierten Islam und gründete 2004 in Zürich das Forum für einen fortschrittlichen Islam. Ich fände es sehr viel interessanter und lohnender, wenn die WOZ einmal ein Interview mit ihr brächte, in dem sie Gelegenheit erhielte, über ein Thema zu reden, das sie für mitteilungswert hält. Über ihre sachliche, informierte Stimme in unserer immer wieder leicht in Islamophobie umkippenden Gesellschaft bin ich sehr froh.

Monica Goerre, Wädenswil

Anmerkung der Redaktion: Die WOZ interviewte Saïda Keller-Messahli bisher zweimal, und zwar in den Nrn. 38/2017 und 18/2010 .

Leider sehr einseitig

«Erinnerungskulturen: Der Krampf mit dem Kolonialkrieg», WOZ Nr. 7/2021

Ich bin enttäuscht und erstaunt über den zum Teil unsachgemässen Artikel. Der Bericht nimmt leider die Legende auf, dass die zurückgebliebenen Harkis zu Zehntausenden massakriert wurden, was tatsächlich nicht der Wahrheit entspricht. Ich empfehle Ihnen dazu den Artikel von Pierre Daum aus «Le Monde diplomatique» vom 9. Mai 2008. Das Gerücht wurde von den Franzosen und den geflüchteten Harkis und Pieds-noirs gezielt gestreut, um das junge Algerien zu schädigen. Ich war selber in den achtziger Jahren in Algerien und habe mit Dutzenden von Betroffenen gesprochen und kann den Artikel von Pierre Daum voll und ganz bestätigen. Das passt nicht zum kritischen Stil der WOZ, dieser Artikel ist leider sehr einseitig aus französischer Perspektive geschrieben.

Tobias Ebinger, per E-Mail