August von Finck (1930–2021): Von den Nazis zur AfD

Nr. 49 –

«Sie waren vierundzwanzig bei den toten Bäumen am Ufer, vierundzwanzig schwarze, braune oder cognacfarbene Überzieher, vierundzwanzig mit Wolle gepolsterte Schulterpaare, vierundzwanzig Dreiteiler, und die gleiche Anzahl breitgesäumter Bundfaltenhosen. Die Schatten stiessen vor in das grosse Vestibül des Reichstagspräsidentenpalais; doch bald sollte es keine Reichstagsversammlung mehr geben, keinen Präsidenten, und in ein paar Jahren sogar keinen Reichstag mehr, nur noch einen Haufen schwelender Trümmer.» Mit diesen Worten beschreibt der französische Schriftsteller Éric Vuillard in seinem preisgekrönten Buch «Die Tagesordnung», wie deutsche Industrielle am 20. Februar 1933 Adolf Hitler mit einer Wahlkampfspende zur Macht verhalfen. Einer der vierundzwanzig: August von Finck senior.

Weil die Alliierten den Bankier nach dem Krieg bloss als «Mitläufer» einstuften, konnte er sich wertvollen Landbesitz rund um München sichern, den die Familie später profitabel als Bauland verkaufen sollte. Sohn August von Finck junior stieg in die Bank ein, verkaufte sie 1990 und verwaltete fortan die Familienholding. Der Mehrfachmilliardär investierte gerne in der Schweiz, bei Von Roll oder Mövenpick, oberhalb von Weinfelden kaufte er sich ein Schloss mit Zugbrücke. In der Nachbarschaft und in den Medien nannte man ihn den Baron.

Heute steht der Name von Finck für die unheimliche Kontinuität, mit der Industrielle in Deutschland rechte und rechtsextreme Parteien unterstützen. Junior von Finck spendete erst an die FDP, weshalb sie zeitweilig Mövenpick-Partei genannt wurde, später an rechte Splitterparteien. Schliesslich finanzierte er, wie 2018 Recherchen der WOZ und des «Spiegels» nahelegten, auch den Aufstieg der rechtsextremen AfD. Seine Firma Degussa gehörte zu den Lieferanten eines AfD-Goldshops. Überhaupt zeigte er wie viele Untergangspropheten grosse Liebe zum Gold. Auch in seiner Villa in Uruguay hortete er Barren. Diesen Sommer knackten Einbrecher:innen den Tresor. Sie wurden geschnappt, doch von der Beute fehlt jede Spur.

Nun ist von Finck mit 91 Jahren in London verstorben. Unter dem Nachruf in der NZZ erschien am Samstag eine halbseitige Werbung für die AfD. Eine letzte Ehrbekundung? Die Platzierung sei reiner Zufall, schreibt die NZZ auf Anfrage.