Wunschliste: Acht Objekte zum Enteignen
Ob für den Antifaschismus oder den Tierschutz: Enteignen macht nicht nur Spass, sondern schafft auch eine bessere Welt. Die WOZ hat acht potenzielle Objekte in der Schweiz ausgekundschaftet.
Basel: Roche Tower 1 und 2
- 205 und 178 Meter hoch
- Restaurant, Auditorium, Lounge
- atemberaubende Aussicht auf Basel
- unermesslich viel Platz für Büros
- Vitra-Design-Möbel
- höchste Energiestandards
Die Zurschaustellung wirtschaftlicher Potenz sei schon fast beängstigend, schrieb ein Architekturkritiker nach der Eröffnung des ersten Hochhauses für den Pharmariesen Roche in Basel. 2022 kam ein zweiter Terrassenbau der Stararchitekten Herzog & de Meuron dazu, dessen Originalität darin besteht, dass er in eine andere Richtung blickt. Wir finden: Büros umnutzen zu Wohnungen, sofort! Und ab und zu eine LSD-Party zu Ehren von Entdecker Albert Hofmann in der Lounge im 47. Stock.
Zürich: CS-Hauptsitz
- Topadresse
- Sandstein mit Geschichte seit 1877
- Atrium mit wettersicherem Glasdach
- lange Flure
- hauseigene Kunstsammlung
- aktuell zweckfrei
Im 17. Jahrhundert hiess der Paradeplatz Säumärt (Schweinemarkt). Eine Enteignung des CS-Hauptsitzes bietet Gelegenheit, zum alten, sinnfälligen Namen zurückzukehren und die militärische Parade am Platz loszuwerden. Die CS-Fassade eignet sich als prominente Unterlage für Parolen. Unter dem Platz: zwar kein Goldlager, aber eine öffentliche WC-Anlage. Das Hotel Savoy schräg gegenüber – Ende 2022 von der CS für 400 Millionen verscherbelt – könnte separat vergesellschaftet werden.
Vernier GE: Cité du Lignon
- grösste Siedlung der Schweiz
- 2370 Wohnungen
- Swimmingpool auf 93 Metern Höhe
- mehr als einen Kilometer lang
- Blick ins Grüne
- eigene Postleitzahl
Die Cité du Lignon in einem Vorort der Stadt Genf ist eines der visionärsten Bauwerke Europas. Die Überbauung wurde in den 1960er Jahren erstellt – als Antwort auf die herrschende Wohnungsnot. Auch heute noch wohnen hier über 6000 Menschen. Rund ein Drittel der Wohnungen ist gemeinnützig, der Rest gehört verschiedenen Firmen, darunter die Pensionskasse BVK. Wir finden: Die Cité du Lignon sollte denen gehören, die drin wohnen.
Kempraten SG: Villa Federer
- Tennisplatz
- Blick auf die Ufenau und die Lützelau
- Bootshaus mit 20-Meter-Steg
- 6 Flachbauten
- 18 000 Quadratmeter
- Wert: rund 60 Millionen Franken
Tennisstar Roger Federer ist ein Mann mit Weitblick. In Dubai besitzt er ein Penthouse mit Blick auf den Hafen. In Valbella gehört ihm ein Ferienhaus mit Aussicht in die Bergwelt. Sattgesehen hat sich Federer aber noch lange nicht: In Kempraten lässt er eine Villa direkt am Zürichsee bauen. Ärgerlich nur, dass ihm der Verein Rives Publiques und die Grünen den Seezugang streitig machen und einen öffentlichen Uferweg vor Federers Villa durchsetzen wollen. Ein guter Anfang, den King zu entthronen.
St. Moritz GR: Ferienhaus Melnitschenko
- am sonnigen Suvrettahang
- Aussicht ins Oberengadin
- gut getarnt als Chalet
- mit grossem Spa
- Anschluss an Skigebiet
- weitere Enteignungsobjekte nebenan
Der Suvrettahang in St. Moritz gehört zu den teuersten Lagen der Welt. Da wirkt das hölzerne Chalet des russischen Oligarchen Andrei Melnitschenko fast bescheiden. Was eine Vergesellschaftung bringt, davon berichtete eine Hausangestellte bei SRF-«Reporter»: «Was man von aussen sieht, ist nicht das, was es wirklich ist. Viel versteckt sich im Berg!» Multimilliardär Melnitschenko, ein treuer Vasall Wladimir Putins, entkam bisher mit Tricks den Schweizer Sanktionen. Da hilft nur die direkte Aktion.
Andermatt UR: Chedi
- auf 1447 Metern über Meer
- schattig dank Gemsstock
- Luxushotel mit Wohnungen
- Golfplatz, Skigebiet und Spa
- Strassen in alle Himmelsrichtungen
- Gault-Millau-Hotel des Jahres 2017
Die Vergesellschaftung des Chedi-Komplexes verspricht tiefe Einblicke in die Keller, den schlechten Geschmack («alpiner Chic und asiatischer Ausdruck») und weitere peinliche Zonen des Superreichtums. Die Hotelsuiten, Penthouses und Chalets schreien nach kreativer Zweckentfremdung, die Infrastruktur ist garantiert hochwertig. Der einstige Säumerknotenpunkt, Armeestützpunkt und Luxushotspot Andermatt (wörtlich: bei der Wiese) findet endlich seine wahre Bestimmung: als Allmend.
Weinfelden TG: Schloss
- 26 Zimmer
- eigene Kapelle
- Turm mit Panoramablick
- Zugbrücke
- 60 000 Quadratmeter Umland
- Rebberge
August von Finck senior war Hitlers Bankier. Weil ihn die Alliierten als «Mitläufer» einstuften, blieb er nach dem Krieg im Geschäft – und erwarb 1971 Schloss Weinfelden als Prunksitz. Sein Sohn August von Finck junior stand dem Alten politisch in nichts nach und finanzierte rechtsextreme Parteien. Das Schloss musste er in einem Erbschaftsstreit gegen einen Halbbruder verteidigen. 2021 starb der Milliardär. Eine Öffnung des Schlosses für die Bevölkerung wäre auch ein antifaschistischer Akt.
Lipperswil TG: Conny-Land
- Delfin-frei seit 2014
- Tripadvisor-Zertifikat für Exzellenz
- dressierte Papageien
- 30 000 Quadratmeter
- rund 60 Attraktionen
- Bodenseenähe
Das Conny-Land ist ein Freizeitpark mit Impact: Nur ihm ist die gesetzliche Verankerung eines Delfinimportverbots zu verdanken (nachdem dort zuvor acht Tiere innert drei Jahren gestorben waren). Davon hat sich der Park mittlerweile erholt. Mit rund sechzig Attraktionen wartet er heute auf. Die Vorteile seiner Vergesellschaftung liegen auf der Hand: Weg mit den Eintrittsgebühren! Und vielleicht auch mit den Seelöwen, die hier immer noch zum Frühstück mit Kindern gezwungen werden.