FBI-Razzien in den USA: Rechtsstaat versus Donald Trump

Nr. 33 –

Juristisch steht der Expräsident zunehmend unter Druck. Helfen oder schaden die laufenden Untersuchungen dem rechtspopulistischen Politiker, der 2024 nochmals für das höchste Amt kandidieren will?

Die aufsehenerregende FBI-Razzia in Donald Trumps Mar-a-Lago-Palast ist nicht die einzige und vielleicht nicht einmal die verhängnisvollste Kollision des Expräsidenten mit dem US-amerikanischen Rechtsstaat. Noch wissen wir nicht, wie viele und welche Verstösse gegen geltendes Recht die von der nationalen Ermittlungsbehörde in Florida beschlagnahmten Dokumente ans Tageslicht bringen werden. Doch während das Justizdepartement in Washington D. C. die zum Teil topgeheimen Papiere auswertet, beschäftigen sich Staatsanwält:innen in New York bereits intensiv mit den dubiosen Geschäftspraktiken der Trump Organization. Letzte Woche hat Trump in dieser Sache wegen möglicher Selbstbezichtigung die Aussage verweigert. Sein Finanzchef Allen Weisselberg ist jedoch geständig und steht im Oktober vor Gericht.

Seit Monaten wird im Bundesstaat Georgia ausserdem wegen versuchten Wahlbetrugs gegen Trump und seine Anhänger:innen ermittelt. Den anstehenden Prozess schätzen die meisten US-Jurist:innen als «unkompliziert» und «erfolgversprechend» ein. Vor kurzem hat die Untersuchungsbehörde in Georgia Trumps persönlichen Anwalt Rudy Giuliani vom Zeugen zur verdächtigen Zielperson der Untersuchung «befördert».

Gegen die «korrupten Eliten»

Das Fazit: Für den Privatmann Trump wird es eng im Rechtsstaat USA. Doch was ist mit dem Politiker Trump? Helfen oder schaden die juristischen Vorstösse dem Rechtspopulisten, der seine Fans und die Republikanische Partei seit eh und je mit Ressentiments gegen die «korrupten Eliten» bei der Stange hält?

Natürlich bedienen die laufenden Untersuchungen und Gerichtsverfahren das weinerliche Opfernarrativ und bestärken den Verfolgungswahn von Trump und seiner «Make America Great Again»-Basis. Mag sein, dass die überraschende FBI-Aktion sogar Trumps Wiederwahlchance im Jahr 2024 verbessert. Doch kann und soll der US-amerikanische Rechtsstaat aus politischem Opportunismus darauf verzichten, Gesetzesbrecher zur Verantwortung zu ziehen?

Der konservative, aber Trump-kritische Journalist David Brooks mag auf diese Frage keine klare Antwort geben. Wie viele seiner Kolleg:innen fürchtet er, dass der rechtlich bedrängte Expräsident die Gewaltbereitschaft seiner Basis anheizen könnte. So wie damals am 6. Januar 2021 beim Sturm aufs Kapitol. Wenn Trump in zwei Jahren gleichzeitig von der Bevölkerung als Präsident wiedergewählt und vom Justizsystem ins Gefängnis gesteckt würde, bedeutete das den kompletten Zusammenbruch der Demokratie, unkt Brooks in der «New York Times» vom 11. August.

Rechts ruft man zu den Waffen

Am gleichen Tag in der gleichen Zeitung argumentiert die linksliberale Kolumnistin Michelle Goldberg, niemand dürfe aus politischen Gründen strafrechtlich verfolgt – oder verschont – werden. Die vergangenen vier Jahre katastrophaler Trump-Regierung seien der beste Beweis dafür: Was die Demokratie schwäche und Rechtspopulisten wie Trump stark mache, seien nicht die anstehenden Strafprozesse, sondern die bisherige Straflosigkeit des Mehrfachtäters.

Die laufenden Untersuchungen gegen Donald Trump haben das Land womöglich noch mehr, jedenfalls noch heftiger entzweit. Ganz rechts ruft man zu den Waffen und spricht vom Bürgerkrieg. Wer immer als Trump-feindlich wahrgenommen wird – FBI-Angestellte, Richterinnen und Anwälte, Journalistinnen, ja sogar Wahlhelfer –, wird mit Todesdrohungen eingedeckt. Die langjährige republikanische Abgeordnete im US-Kongress und prominente Trump-Kritikerin Liz Cheney verlor am Dienstag nicht nur ihre Wiederwahl im US-Bundesstaat Wyoming an eine Trump-Loyalistin. Sie hatte die Wahlkampagne in ihrem Heimatstaat aus Sicherheitsgründen auch vorzeitig abbrechen beziehungsweise einschränken müssen.

Jedes Veto durch Gewalt bedroht die Demokratie und den Rechtsstaat. Es ist gefährlich für die einzelnen Bürger:innen und für das Überleben der Zivilgesellschaft. Noch gefährlicher ist es allerdings, solchen Erpressungsversuchen nachzugeben.