Serie: Gemischtes Doppel
Schon wieder eine Teenieserie, und auch noch auf Netflix. Wer interessiert sich denn noch für die Lebens- und Liebesmühen irgendeines weiteren Teenagermädchens in irgendeiner US-Vorstadt? Im Fall von «Never Have I Ever» kein Geringerer als Tennislegende John McEnroe, dessen stets leicht befremdet wirkende Stimme die Abenteuer unserer Protagonistin kommentiert: «Ich bin ja normalerweise gegen das Betrügen, aber dieser Nerd schlägt sich im Doppelspiel wie ein Profi», wird da eine der haarsträubenderen Plotentwicklungen kommentiert.
Der Nerd, das ist die hochintelligente indisch-amerikanische Devi, von der grossartigen Maitreyi Ramakrishnan mit allen sympathischen und unsympathischen Widersprüchen gespielt. Als sich die Fünfzehnjährige etwa nicht zwischen dem intellektuell ebenbürtigen, aber arroganten Besserwisser Ben (Jaren Lewison) und dem gutmütigen und ultraattraktiven, aber ihr geistig unterlegenen Mädchenschwarm Paxton (Darren Barnet) entscheiden kann, beginnt sie einfach – zum respektvollen Erstaunen von McEnroe –, beide gleichzeitig zu daten, in der vergeblichen Hoffnung, dass keiner ihrer Lover das bemerkt.
Autorin Mindy Kaling («The Office») hat die Figur von Devi ihrer eigenen Biografie nachempfunden. Trotz inspirierter Einfälle wie dem mit dem cholerischen Extennisprofi als Kommentator von Teenagernöten erfindet sie das Genre zwar nicht gerade neu – die Dramaturgie schreitet oft gar reibungslos von (Teenager-)Problem und (Teenager-)Verzweiflung zu Eingebung und Charakterwachstum voran. Doch wie Kaling und ihr Team immer wieder mit kulturellen Klischees flirten, um diese stets sanft umzustossen: Das alleine begründet den enormen Erfolg der Serie, die jetzt bereits in der dritten Staffel angelaufen ist und wie McEnroe damals in den Achtzigern keinerlei Anzeichen von Ermüdung zeigt. So bringt «Never Have I Ever» dank hinreissender Figuren und ungezwungener Multikulturalität tatsächlich so etwas wie frischen Wind in die Netflix-Warteschlange.
«Never Have I Ever». Creators: Mindy Kaling, Lang Fisher. USA 2020–2023. Jetzt auf Netflix.
