Streik in Belgien: Pflegekräfte am Anschlag
Ob im Pflegedienst der Spitäler, der Altersheime oder zu Hause, in der Kinder- und Jugendbetreuung oder jener von Menschen mit Beeinträchtigung: Arbeitende all dieser Bereiche sind in Belgien am Dienstag in den Ausstand getreten. Über 18 000 Personen haben – so die Schätzung der Polizei – ihren Ärger in Brüssel auf die Strasse getragen. Die Streikenden protestierten gegen Arbeitsbedingungen, die sie für nicht mehr tragbar halten, forderten finanzielle Mittel sowie mehr Anerkennung. Und sie warnten vor den Folgen, die ihre chronische Überlastung für die Betreuung ihrer Mitmenschen haben könnte.
Im belgischen Gesundheitssektor ist die Lage nicht erst seit der Pandemie stark angespannt, spitzt sich aber weiter zu. «Wir dachten, dass die Leute nach der Pandemie einmal würden durchschnaufen können. Das war nicht der Fall», sagte Gewerkschafter Yves Hellendorff dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTBF.
Weil sie unter dem vorherrschenden Personalmangel besonders leiden, müssen Spitäler seit Beginn der Pandemie verstärkt auf externe Arbeitskräfte zurückgreifen. Laut einer Studie hat diese Praxis zwischen 2019 und 2021 sogar um 75 Prozent zugenommen. Doch auch damit lässt sich das Problem nicht lösen: Mehr als 2600 Spitalbetten stehen derzeit nicht zur Verfügung, was fünf Prozent aller Plätze entspricht – ein Negativrekord. Die Pflegenden seien erschöpft, nicht wenige fielen aus gesundheitlichen Gründen aus, beklagt Eric Dubois vom Gewerkschaftsverband CGSLB gegenüber RTBF. Zugleich gelinge es nicht mehr, Nachwuchs für den Beruf zu begeistern.
Der Vorsitzende des nationalen Pfleger:innenverbands Dan Lecocq plädierte deshalb im Gespräch mit RTBF dafür, verstärkt in die Ausbildung zu investieren – und den Pflegeberuf wieder attraktiver zu machen. Neben einem angemessenen Gehalt gehöre dazu auch, den Beruf innerhalb der Spitäler aufzuwerten und Pfleger:innen etwa mehr Entscheidungskompetenz zu übertragen.