Flüssiggas in Muttenz: Alles bio – oder was?

Nr. 14 –

Am Rhein soll ein Flüssiggasterminal gebaut werden. Die Klimabewegung demonstriert, der Gasverbund Mittelland als künftiger Betreiber übt sich in Krisenkommunikation.

«Sauberes Gas ist eine dreckige Lüge»: Unter diesem Slogan haben am 25. März Klimaaktivist:innen vor dem Hauptsitz des Gasverbunds Mittelland (GVM) in Arlesheim demonstriert. Die Demonstration war eine Antwort auf bekannt gewordene Pläne, in Muttenz ein Terminal für Flüssiggas (LNG) zu bauen. «Die Klimakrise spitzt sich drastisch zu. Jedes Zehntelgrad zählt, um gefährliche Kipppunkte zu vermeiden», heisst es in einer Petition des Klimastreiks gegen die Pläne. Der Bau ergebe deshalb keinen Sinn.

Alles ein Missverständnis? Das könnte zumindest meinen, wer die Pressemitteilung des GVM als Reaktion auf die Demo liest: Man wolle ja den «CO₂-Fussabdruck auch rasch und nachhaltig senken». Der GVM will, so behauptet er, ausschliesslich flüssiges Biogas und synthetisches Methan in die Anlage einspeisen und so «einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten».

Was aber hat es mit Biogas und synthetischem Gas auf sich? Biogas macht knapp sechs Prozent des Schweizer Gasabsatzes aus. Der grösste Teil wird importiert. Biogas stammt zumeist aus tierischen Ausscheidungen, Industrie- und Siedlungsabfällen. Es ist also an die Fleischindustrie sowie das Wegwerfen von Lebensmitteln gekoppelt. Beides ist nicht nachhaltig und Teil des Klimaproblems. Die Verflüssigung und der Transport sind zudem energieaufwendig. Das gilt auch für synthetisches Gas: Soll es nachhaltig produziert werden, erfordert das grosse Mengen an überschüssigem Strom aus erneuerbaren Quellen – der nicht vorhanden ist. Die Klimaaktivist:innen schreiben in ihrer Petition denn auch von «Greenwashing» und Irreführung der Öffentlichkeit. Dem GVM gehe es primär darum, neue fossile Infrastrukturen zu errichten.

Dies wird von konkreten Aussagen von André Dosé gestützt. Der frühere CEO der Fluggesellschaften Crossair und Swiss ist Verwaltungsratspräsident des GVM wie auch der Netzbetreibergesellschaft Swissgas. Dosé forderte nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine, man müsse nun «mit Hochdruck» ein neues Beschaffungsmodell für Gas erarbeiten. Es sei erfreulich, dass in der Schweiz jetzt auch über den Bau von Gaskraftwerken gesprochen werde. Später forderte Dosé in einem Interview mit der NZZ, dass man in der Schweiz nach Erdgas bohren solle. Ähnlich äusserte sich Ende 2022 auch Rolf Samer, CEO des GVM. In der «SonntagsZeitung» sagte er, der geplante Flüssiggasspeicher in Muttenz solle rund sechs Prozent des Wintergasbedarfs der Schweiz fassen. In unmittelbarer Nähe solle zudem ein Gaskraftwerk entstehen.

Inzwischen will der GVM mit dem Bau eines Gaskraftwerks nichts mehr zu tun haben und gibt sich biologisch. Das Lavieren des GVM erstaunt nicht. Denn der Verbund gehört verschiedenen Gasversorgern, die sich in kommunalen Händen befinden. Grösster Aktionär ist Basel-Stadt mit einem Anteil von mehr als einem Drittel. Auch die links-grün regierten Städte Bern, Biel und Olten sind Anteilseigner. Zusammen verfügen sie im Verwaltungsrat über eine Mehrheit. Basel-Stadt hat kürzlich in einer Volksabstimmung beschlossen, bis 2037 «klimaneutral» zu werden. Bis spätestens dann wird das Gasnetz zurückgebaut und soll es keine Gasheizungen auf Kantonsgebiet mehr geben.