Leser:innenbriefe

Nr. 21 –

Nicht sehr hilfreich

«HEV zum Klimaschutz: Innen flexibel, aussen hart», WOZ Nr. 18/23

Die Abstimmung über das Klimaschutzgesetz ist trotz sehr breiter Unterstützung noch nicht in trockenen Tüchern. Dass jetzt die WOZ einen ganzen Beitrag der ideologisch gefärbten Zerstrittenheit des Hauseigentümerverbands widmet, hilft den noch Unentschlossenen aber leider wenig weiter.

Viel wesentlicher ist, dass das Gesetz allen nützt: den Hauseigentümer:innen und den Mieter:innen und dem Klima. Es kann deshalb nicht überraschen, dass alle anderen Vertreter:innen aus dem Immobilienbereich und aus der Baubranche hinter dem Gesetz stehen: der ökologisch orientierte Eigentümer:innenverband Casafair, der Mieter:innenverband, zahlreiche Wohnbaugenossenschaften, die Fédération Romande Immobilière, der Verband Immobilienwirtschaft, Bauen Schweiz und so weiter und so fort. Das ist die Botschaft!

Kathy Steiner, Geschäftsleiterin Casafair

Gute Satire

«Von oben herab: Am Fenster», WOZ Nr. 19/23

Ich sitze in meiner zu teuren Wohnung im urbanen Mittendrin und geniesse «Am Fenster» von Stefan Gärtner. Lustig, absurd, bissig in alle Richtungen und trotzdem kunstvoll geschrieben – gute Satire eben.

Urs Lingg, per E-Mail

Kultur ist wichtig

«Kaufkraft: Wo würden Sie lieber leben?», WOZ Nr. 19/23

Ein sehr spannender Vergleich. Eindrücklich, dass der Bezirk Höfe mit etwa 30 000 Einwohner:innen und einer sehr grossen Kaufkraft keine kulturellen Institutionen hervorbringt, kein Theater, kein Museum, keine einzige Veranstaltung, die über den reichen Bezirk hinausstrahlen würde. Die steueroptimierenden Superreichen geben kein Geld aus für die öffentliche Infrastruktur und schon gar nicht für Kultur. Letztere kann man ja in Zürich geniessen, zum Beispiel in den mit Steuern hochsubventionierten Opern- und Theaterhäusern.

Ganz anders im Bezirk Bernina, namentlich im Valposchiavo mit etwa 4500 Einwohner:innen. Hier hat unter anderen der Schriftsteller Wolfgang Hildesheimer gelebt – von 1957 bis zu seinem Tod 1991. Er ist in Poschiavo immer noch hoch geschätzt, und es gibt ein Restaurant, wo man Originalbilder von ihm findet. Neben vielen Büchern, die dort entstanden sind, gibt es auch eine permanente Ausstellung seiner Bilder wie auch derjenigen seiner Frau, der Malerin Silvia Hildesheimer. Das Puschlav ist auch bekannt für seine Museen und Galerien, Lehrpfade und Tanzfeste, Theateraufführungen, Tanzfestivals, für Konzerte von Klassik bis Jazz. Wenn man das Glück hat, in einem privaten Garten in Poschiavo ein öffentliches Jazzkonzert zu hören, wo gefühlt die halbe Bevölkerung anwesend ist, dann merkt man, wie wichtig Kultur in diesem Tal ist. Dazu braucht es zweifellos Geld, aber noch viel wichtiger sind Menschen wie zum Beispiel Cornelia C. Mueller oder Paola Gianoli, die über Jahre kulturelle Veranstaltungen organisieren. Tja, wo würden Sie lieber leben?

Rosmarie Meier, Zürich

Bullshit Bullshit nennen

«Künstliche Intelligenz: ‹Diese Ideologie grenzt an Sektenwahn›», WOZ Nr. 18/23

Ich teile die Meinungen von Hannes Bajohr, möchte mich aber vor allem zum Thema Bewusstsein äussern. Dazu die Existenzphilosophie von Jean-Paul Sartre («Das Sein und das Nichts»): Sartre bezeichnet ein Sein mit Bewusstsein als das «Für-sich-Sein», die Objekte (Dinge) als «An-sich-Sein», etwa einen Stuhl. Und dieses Bewusstsein erlebt sich ständig als Nichtung seiner Vergangenheit und bedeutet Freiheit. Dazu gehören die Fähigkeiten zu Liebe, Hass, Zweifel, Freude et cetera. Alle diese Zustände sind dem Bewusstsein zugehörig, sind für die ständig zu fällenden Entscheidungen vorhanden und bedeuten Freiheit. Auch muss sich ein Bewusstsein selbst betrachten können.

Der Jahrhundertphilosoph stellt auch fest, dass es Phänomene gibt, die man nicht zuerst auseinandernehmen (Analyse) und dann wieder zusammensetzen kann. Genau das macht aber die KI-Maschine. Es ist der Versuch, alle Phänomene mit ihren Qualitäten zu quantifizieren. Also kann die Diskussion um ein Bewusstsein einer Maschine – wie komplex sie auch sein mag – als Bullshit taxiert werden.

Karl Riwar, Full-Reuenthal

Hyperwas?

«Hyperpolitik: Die neuen Aufstände jenseits von Nostalgie und Zukunftseuphorie», WOZ Nr. 19/23

Ich habe die Doppelseite gelesen, und mich würde sehr interessieren, was jetzt diese Hyperpolitik genau ist. Irgendwie hab ich das in diesem Artikel nicht herausgefunden. Da wird erklärt, wie die Sprüche auf gewisse «Remain»-Postkarten kamen, dass Joe Biden mit 81 Millionen Stimmen gewählt wurde und dass Houellebecq irgendwie nicht recht hat oder so. Der Aussage von Houellebecq zu Corona kann ich nur zustimmen.

Ich habe das Gefühl, dass ich den Artikel nicht verstanden habe oder dafür dreissig Fachbücher lesen müsste, und die Romane von Houellebecq auch noch, wobei ich nicht verstehe, wie ein Romanautor an der Politik gemessen werden kann.

Liebe WOZ, macht doch das nächste Mal eine Viertelseite Buchbesprechung für die Nerds und eine Doppelseite zu Hyperpolitik und um was es da geht, dann kann ich auch entscheiden, ob ich das Buch kaufe oder nicht.

Lukas Schmid, per E-Mail