HEV zum Klimaschutz: Innen flexibel, aussen hart

Nr. 18 –

Das Klimaschutzgesetz verspricht Liegenschaftsbesitzer:innen zwei Milliarden Franken an Bundessubventionen – und der Hauseigentümerverband (HEV) lehnt es trotzdem ab. Mit SVP-Politik allein ist das nicht zu erklären.

Die Ausgangslage ist so weit klar: Sehr viele grosse Player befürworten das «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit» (KlG), über das am 18. Juni in der Schweiz abgestimmt wird. Unter den relevanten Parteien stemmt sich lediglich die SVP dagegen, die mit Albert Rösti mittlerweile den Umweltminister stellt. Die Partei hat das Referendum ergriffen. Gewichtige Verbände haben bereits die Ja-Parole herausgegeben, neben dem Mieter:innen- etwa auch der Bauernverband. Der Gewerbeverband hat immerhin Stimmfreigabe beschlossen.

Der Hauseigentümerverband (HEV) hingegen, jene mächtige Institution, die mit ihren 340 000 Mitgliedern so etwas wie das pochende Herz der Einfamilienhaus-Deutschschweiz ist, hat sich gegen das KlG ausgesprochen. Präsident Hans Egloff lässt am Telefon eine gute Portion Vorfreude durchblitzen, als er «ein Feuerwerk» ankündigt, das mit der Kampagnenlancierung des Nein-Komitees am Erscheinungstag dieser WOZ gezündet werden soll. Zu erwarten ist ein überaus bissiger Abstimmungskampf gegen das «Stromfressergesetz», wie die Vorlage von der Gegenseite gebrandmarkt wird.

Honigtöpfe vom Bund

Es ist nicht so, dass der HEV in der Vergangenheit mit besonders progressiven Positionen aufgefallen wäre. Diesmal aber ist die Blockadehaltung einigermassen verblüffend: Die Hauseigentümer:innen würden zu den zentralen Begünstigten der Vorlage gehören. Denn das Gesetz sieht sehr viel Geld vor, das im Rahmen eines Impulsprogramms zu ihnen fliessen soll: jährlich 200 Millionen Franken, eine ganze Dekade lang. Es sind Subventionen, die für den Ersatz fossil betriebener Heizungen «durch eine Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien und Massnahmen im Bereich der Energieeffizienz» bezogen werden können. Aus linker Sicht ein angesäuerter Apfel, in den es hier zu beissen gilt: Die öffentliche Hand soll Liegenschaftsbesitzer:innen, einem tendenziell privilegierten Teil der Bevölkerung, einen Milliardenbetrag zur Verfügung stellen. Es ist ein generöser Versuch, Klimaschutz in einem bürgerlichen Land mehrheitsfähig zu machen.

Beim Schwesterverband des HEV in der Romandie, der FRI (Fédération Romande Immobilière), ist man von der Vorlage denn auch vollends überzeugt. Als «Win-win-win-Situation» bezeichnet es deren Generalsekretär Olivier Feller: «Sowohl die Liegenschaftsbesitzer, die Mieterinnen als auch das Klima werden profitieren», sagt der Waadtländer FDP-Nationalrat. Auch das steht nämlich im KlG: Was der Staat an die Umbaukosten zahlt, werden Immobilienbesitzer:innen nicht auf die Mietkosten draufschlagen dürfen. Und erneuerbare Heizsysteme senken erst noch die Nebenkosten. «Es ist ein gutes Gesetz, das eine konkrete Wirkung erzielen wird», sagt Feller, «und zwar ganz ohne Zwänge, Verbote oder Gebühren.» Noch beim CO₂-Gesetz vor zwei Jahren, das an der Urne schliesslich knapp abgelehnt wurde, hat die FRI ihren rund 20 000 Mitgliedern keine Wahlempfehlung gegeben. Diesmal hat der Verband die Ja-Parole gefasst. Zum wohl ersten Mal stehe man damit bei einer politischen Frage, die die Mitglieder direkt betreffe, auf der Gegenseite des HEV, sagt Feller.

Wie also kommt dieser zu seiner Nein-Position? Der Entscheid fiel bei einer Vorstandssitzung im Januar. Nicht einstimmig zwar, aber immerhin mit Zweidrittelmehrheit, wie es in der Medienmitteilung hiess. Man lehne die im Gesetz definierten «überregulierenden Zwischenziele» ab, lautet eines der Argumente. Mit «willkürlich-starren Zielvorgaben» erfahre der Gebäudesektor «erneut die mit Abstand grösste Belastung», lautet ein anderes.

Es ist nicht zuletzt diese Tonalität, die den Verdacht nahelegt, dass hier vor allem aus parteipolitischer Logik argumentiert wird: Hans Egloff, seit 2012 HEV-Präsident, sass bis im vergangenen Herbst für die SVP im Nationalrat. Einst hat er deren Jungpartei mitgegründet. Und mit Blick aufs KlG argumentiert er auf Parteilinie: «Es ist nicht der richtige Ansatz, jetzt Honigtöpfe bereitzustellen», so Egloff. Er verweist darauf, dass die Hausbesitzer:innen in der Schweiz auch ohne Bundessubventionen schon sehr viel Geld in klimagerechte Gebäudesanierungen investiert hätten und dass das Impulsprogramm zwangsläufig zu Preiserhöhungen führen werde. Zudem müsse dafür Steuergeld aufgewendet werden – «bezahlen würden also wir alle». Den menschengemachten Klimawandel streite er nicht ab, meint Egloff, bevor er aber den entscheidenden, warnenden Satz sagt: «Irgendwann wird man mit Zwang versuchen, die Klimaziele zu erreichen.»

So klingt Fundamentalopposition gegen jeglichen Fortschritt in der schweizerischen Klimapolitik – so vorteilhaft er für die eigene Klientel auch sein mag. Aber auf die SVP allein lässt sich die Blockadehaltung des HEV nicht zurückführen. Im achtzehnköpfigen Verbandsvorstand sind deren Vertreter:innen bei weitem nicht in der Mehrheit: Im Gremium sitzen nur fünf SVP-Repräsentanten; neun Mitglieder, und damit die Hälfte, sind FDP-Amtsträger:innen. Etwa die Aargauer Nationalrätin Maja Riniker: Im September, bei der Schlussabstimmung im Parlament, hat sie der Vorlage zugestimmt, geschlossen mit der gesamten FDP-Fraktion. Ihre Meinung habe sie auch den anderen Vorstandsmitgliedern kundgetan, schreibt Riniker auf Anfrage knapp, aber sie respektiere die Mehrheitsmeinung.

Nicht alle auf Linie

Unter den neun Kantonalverbänden und 115 Sektionen des HEV gibt es auch solche, die nicht mit dem nationalen Verband mitziehen. Zum Beispiel der HEV Basel-Stadt: Dieser wird im «Hausbesitzer», der eigenen Hauszeitung, bald die Ja-Parole kommunizieren. «Wir müssen etwas gegen den Klimawandel unternehmen», begründet dies Geschäftsführer und FDP-Grossrat Andreas Zappalà. Erst vor kurzem hat die Basler Stimmbevölkerung das Netto-null-Ziel 2037 beschlossen. «Angesichts dieses Volksentscheids muss man etwas machen, man kann nicht immer nur dagegen sein», sagt Zappalà. Wenn die Basler Hausbesitzer:innen also ohnehin Massnahmen ergreifen müssten, dann werde man sich sicher nicht gegen Bundessubventionen sträuben.

Ebenfalls ausscheren wird der HEV Luzern. «Wenn die Schweiz das Netto-null-Ziel 2050 erreichen will, dann muss sie mit der Umsetzung irgendwann auch mal anfangen», sagt Vizepräsident Markus Mächler, einstiger Mitte-Parlamentarier. Man werde den rund 17 000 Mitgliedern deshalb darlegen, weshalb am 18. Juni auch eine Ja-Stimme vertretbar sei. Präsident des Kantonalverbands ist interessanterweise Armin Hartmann – ein SVP-Mann. Diese ganze Angelegenheit sei weit weniger parteipolitisch aufgeladen, als es vielleicht den Anschein habe, sagt dieser. Viel wichtiger sei der regionale Kontext: «Der Kanton Luzern ist bei der Klimagesetzgebung im Gebäudebereich einfach schon weiter als andere Kantone», sagt Hartmann. «Und ich nehme es so wahr, dass andernorts die Befürchtung gross ist, dass auf das Klimaschutzgesetz weitere, einschneidendere Schritte folgen werden.»

Gut möglich, dass noch weitere Teilverbände eine abweichende Haltung kundtun werden. Von einem giftigen Wahlkampf im Seitenwagen der SVP wird sich die Verbandsspitze dadurch allerdings nicht abbringen lassen. Pragmatisch und flexibel im Innern, aber ideologisch und beinhart gegen aussen: So pocht es munter weiter, das bürgerliche Herz der Deutschschweiz.