Kommunale Mindestlöhne: Ein wichtiger erster Schritt

Nr. 23 –

Anders als in Deutschland oder Frankreich existiert in der Schweiz noch immer kein landesweit verbindlicher Mindestlohn: 2014 lehnten über 76 Prozent einen Stundenansatz von 22 Franken ab. Immerhin haben seither fünf Grenzkantone einen Mindestlohn eingeführt: In Genf beträgt dieser 24 Franken, in Basel-Stadt 21 (wobei Betriebe mit Gesamtarbeitsvertrag nicht daran gebunden sind). In Neuenburg und im Jura sind es knapp 21, und im Tessin soll der Mindestlohn bis 2025 auf 23 Franken steigen.

Am 18. Juni kommt es in den Städten Zürich und Winterthur erstmals auch auf kommunaler Ebene zu Abstimmungen über einen Mindestlohn. Die Vorlage in Zürich, die einen Stundenansatz von 23.90 Franken vorsieht, ist ein parlamentarischer Kompromiss: Wäre es nach der Linken gegangen, hätten auch unter 25-Jährige Anspruch darauf und müssten auch KMUs «in schwieriger wirtschaftlicher Lage» die Massnahme sofort umsetzen. Das aber ging der Mitte-Partei zu weit. In Winterthur hingegen, wo es um einen Mindeststundenlohn von 23 Franken geht, kommt die ursprüngliche Initiative zur Abstimmung.

Die Argumente gegen einen Mindestlohn sind seit Jahren überall die gleichen. So behauptet etwa die FDP, dass Mindestlöhne zu mehr Arbeitslosen führten. In Neuenburg jedoch ging diese Quote nach der Einführung vielmehr zurück. Ähnliches ergab eine Studie in Deutschland: Unproduktive Firmen mussten zwar Personal abbauen – produktive Betriebe jedoch konnten aufstocken.

Der rechtsliberale Thinktank Avenir Suisse plädiert derweil dafür, dass Menschen, die trotz einer Vollzeitstelle nicht genug zum Leben haben, statt eines anständigen Mindestlohns Sozialhilfe erhalten sollen. Dies geschieht im Wissen, was das etwa für Menschen ohne Schweizer Pass bedeutet, die bei längerem Sozialhilfebezug Angst haben müssen, das Aufenthaltsrecht zu verlieren.

Sollen alle von ihrem Lohn leben können? Die Antwort sollte klar sein. Klar ist aber auch, dass ein kommunaler Mindestlohn in Zürich und Winterthur ein erster Schritt wäre – und es eine entsprechende Regelung auf Bundesebene braucht.