Wahlen in Griechenland: Das Ende der Utopie

Nr. 26 –

Zugegeben, die Hoffnungen liessen sich zu gut auf Griechenland projizieren: auf das wilde Athen mit seinen bröckelnden Fassaden und dem blühenden Anarchismus. Viele Linke liessen sich zu gar optimistischen Fantasien einer Revolution für ein anderes, besseres Europa hinreissen. Umso härter ist der Aufprall. Am Sonntag bestätigten die Griech:innen mit grosser Mehrheit den konservativen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis im Amt. Die linke Syriza verlor gegenüber den Parlamentswahlen vor fünf Wochen noch einmal und landete bei desaströsen 17,8 Prozent. Gleichzeitig zogen drei Rechtsaussenparteien ins Parlament ein. Dass Mitsotakis schon wieder wählen liess, liegt daran, dass inzwischen das von ihm wiedereingeführte Wahlgesetz Gültigkeit erlangt hat, das dem Sieger fünfzig Sitze mehr verspricht.

Die Wahl mit historisch tiefer Beteiligung ist Ausdruck grosser Desillusionierung: Viele, die in der Krise für den radikalen Wandel kämpften, haben den Glauben in die Politik verloren. Das Gefühl, nie gehört zu werden, hat sich breitgemacht. Mitverantwortlich dafür ist auch Syriza. Die Linkspartei, die von 2015 bis 2019 regierte, konnte viele ihrer Versprechungen nicht umsetzen. Sie fiel stattdessen auch in diesem Wahlkampf mit Richtungsstreits auf, und sie ging mit populistischen Parolen auf Stimmenfang. Der neoliberale Mitsotakis dagegen verspricht die langersehnte Stabilität und wirtschaftlichen Aufschwung.

Seine Partei Nea Dimokratia kann nach der Wiederholungswahl weiter alleine regieren. Und wird das wohl noch autoritärer tun als bisher: Das Erstarken der Rechten dürfte den Diskurs innerhalb des konservativen Blocks verschärfen. Zu erwarten ist in den nächsten fünf Jahren noch mehr Repression, etwa gegen kritische Journalist:innen. Zu erwarten ist auch die Fortführung der brutalen Migrationspolitik mit weiteren tödlichen Pushbacks – das grosse Schiffsunglück vor Pylos hat die Mehrheit der Wählenden nicht aufgeschreckt.

Griechenland, das sich einst gegen die Fantasielosigkeit der konservativ-wirtschaftsliberalen EU auf‌lehnte, ist zur Manifestation dieser Fantasielosigkeit geworden. Es reiht sich in den allgemeinen Rechtsrutsch in Europa ein. Alternativen sind mehr denn je gefordert.