Leser:innenbriefe

Ein Lesergedicht
«Goldhandel: Maschine zum Reinwaschen», WOZ Nr. 26/23
Da ich mich als Dichter bezeichne, erlaube ich mir, Ihnen zum oben genannten Artikel ein Gedicht zuzusenden:
Mer wäsched Gäld / mer schmelzed Gold / doch niemer frogt: / Woher häschs gholt? / Ich bin en brave Schwiizermaa / s Ussland goht mi gar nüt a. / Mach s Feischter zue / i wott mi Rueh.
Richard Knecht, Glarus
Und die Überfischung?
«Marine Hitze: Bald hungert nicht nur der Hering», WOZ Nr. 27/23
Leider werden im Bericht nur Umweltfaktoren als Grund für den Rückgang der Meeresfischpopulationen erwähnt. Dabei macht die Überfischung einen Grossteil davon aus. Es wurde und wird fast überall rücksichtslos und mit immer effizienteren Hilfsmitteln vorgegangen. Dabei wird auch keine Rücksicht auf das Tierwohl genommen. Die Gefangennahme und das Sterben dieser Fische wird unnötigerweise immer quälerischer.
Renato Werndli, Eichberg
Verantwortung übernehmen
«Mindestlöhne: Die Stimme der Zeit», WOZ Nr. 25/23
Werden «die Schwächeren aus dem Arbeitsmarkt verdrängt», wie Marco Salvi von Avenir Suisse behauptet? Nein! Wenn Arbeitskräfte auch im Niedriglohnsektor wirklich notwendig sind, kann auch bei Mindestlöhnen nicht auf sie verzichtet werden – insbesondere nicht bei Tätigkeiten, die nicht ins Ausland verlagert werden können. Wenn die Arbeitslosenquote im Niedriglohnsektor trotzdem steigen sollte, weil viele dieser Arbeitsplätze zum Wahlbedarf gehören, müssen die Arbeitgeber an staatliche Stellen gelangen, um Zuschüsse zum angebotenen Niedriglohn anzufordern. Es darf aber nicht sein, dass der Staat via Sozialpolitik Arbeitgeber unterstützt, die sehr wohl in der Lage sind, Mindestlöhne zu bezahlen. Grundsätzlich muss die Wirtschaft selbst dafür sorgen, dass ihre Arbeitnehmenden Löhne erhalten, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen.
Alex Schneider, Küttigen
Warum Konjunktiv 2?
«Rot-grüne Beziehungskrise: Risse im Machtpakt», WOZ Nr. 26/23
Da lese ich: «Heute befände man sich auf Augenhöhe, versichert er.» Soso, unter welchen Bedingungen befände man sich denn auf Augenhöhe? Und warum befindet man sich nicht? Lügt Cédric Wermuth uns etwas vor? Glaubt er selber nicht an diese Augenhöhe? Zeichnet sich hier schon der nächste Konflikt mit den Grünen ab?
Wohl eher einer in der WOZ-Rechtschreibung. Nähme man Wermuths Aussage ernst und wollte man wiedergeben, was er wirklich sagte, wie es die journalistische Pflicht eigentlich verlangte, schriebe man: «Heute befinde man sich auf Augenhöhe, versichert er.» Aber das glauben die Autoren offenbar nicht, weshalb sie den eigentlich für die indirekte Rede vorgesehenen Konjunktiv 1 durch den Konjunktiv 2, den Irrealis, ersetzen und damit die Aussage bezweifeln.
Dabei folgen die Autoren der deutschen Revolutionssprache, die bei der indirekten Rede den Konjunktiv 1 gänzlich (mit wenigen Ausnahmen in der «Tagesschau» und im «Spiegel») durch den Konjunktiv 2 ersetzt hat, um zu zeigen, dass alles, was andere sagen, Irrsinn ist und nur das Selbstbehauptete gültig sei.
Möge die WOZ-Sprache doch aufrichtig bleiben!
Christian Sonderegger, Zürich