Wichtig zu wissen: Die Tausenderregel

Nr. 28 –

Ruedi Widmer über Rotoren, Symbole und Schablonen

Wir sind mitten in der Energiewende, und der grüne Zürcher Baudirektor Martin Neukom kam dem Auftrag des Volkes nach und erklärte eine Reihe Hügelzüge im Kanton Zürich zu potenziellen Windkraftgebieten. Mit gut 120 Turbinen sollen sieben Prozent vor allem des Winterstroms im wirtschaftlich stärksten Kanton der Schweiz erzeugt werden. Die Alternative für die Schweiz (SVP) kündigte sofort Widerstand gegen die «ideologische Diktatur» an und bekämpft das Vorhaben in allen möglichen Zürcher Gemeinden nach dem Einzelinitiativmodell Hagenbuch, das von der einstigen Gemeindepräsidentin des Dorfs und heutigen Nationalrätin Therese Schläpfer erfunden wurde. Näher als tausend Meter an bewohntem Gebiet will die SVP keine Windräder haben. Das heisst, es wird in der Schweiz eigentlich nirgendwo ein Windrad geben.

Plötzlich fürchtet sich die Autobahn- und Zersiedelungspartei vor «breiten Strassen» durch den Wald, auf denen die Krane und Masten auf die Kuppen transportiert werden, sie fürchtet sich vor Lärm (Propellerlärm, Fluglärm stört sie nicht), vor zerhackten Vögeln (die dann dem eigenen Büsi nicht mehr zur Verfügung stehen), aber das alles muss man nicht immer wieder von neuem erwähnen.

Doch was bezweckt die Partei mit ihrem Tausendmetrigen Reich? Einerseits hat sie Angst um die Erdöleinnahmen, andererseits hat sie nicht die eigene Wähler:innenbasis im Blick, die ist ihr hörig. Die Partei möchte so wohl viele Naturschützer und Landschaftsschützerinnen anwerben.

Die Windräder sind für sie keine Kraftwerksanlagen der diversen Schweizer Elektrizitätswerke, sondern die Minarette der Grünen; sie sind Landnahme, ideologische Türme, gebaut an Orten, die eigentlich ihrer Wähler:innenschaft gehören. Hier hat sich die Partei so hineinverstiegen wie in ihren «Gender-Wahnsinn», die «Corona-Diktatur», den «Bevölkerungsaustausch» und in ihre blinde Unterstützung der «russischen Seele». Das Denken in Symbolen ist tief in ihrer DNA, alles hat eine Bedeutung, und diese voraufklärerischen Denkschablonen projiziert sie auch auf ihre politischen Gegner:innen. Vieles kommt aus dem Religiösen, dem Absoluten, Tag und Nacht, und deshalb hat Wissenschaft, überhaupt Fortschritt (z. B. Raketenschutzschirm mit Europa), wohl auch zum Leidwesen einiger Mitglieder, eher einen schweren Stand in der SVP.

Was umfasst die SVP-Tausenderregel noch?

  • Die Schweiz darf zwar alte Panzer Richtung Ukraine bringen, aber diese müssen tausend Kilometer westlich der ukrainischen Grenze angehalten und dort wieder eingemottet werden.
  • Nur noch jede:r Tausendste darf gendern, und das nur alle tausend Jahre.
  • Schweden muss alle tausend Tage Erdoğan fragen, ob es immer noch in der Nato sein darf.
  • Die Differenz zwischen dem höchsten und dem tiefsten Lohn in der UBS muss um den Faktor tausend vergrössert werden.
  • Die SVP setzt tausendmal so viel Geld im Wahlkampf ein wie die zweitgrösste Partei («Es darf unterhalb von uns nichts mehr geben»).

Man möchte selber Tausenderforderungen stellen:

  • Parkplätze dürfen nur noch tausend Meter vom Siedlungsgebiet entfernt gebaut werden.
  • Stefan Gärtner soll noch mindestens tausend weitere WOZ-Kolumnen schreiben.
  • Werner Gartenmann (Hysterie) darf höchstens tausend weitere Geheimarmeen gründen.
  • Es darf höchstens tausend Grad warm werden am nächsten Wochenende.
  • Steingärten dürfen nur noch tausend Kilometer abseits der Zivilisation angelegt werden.
  • Roger Köppel darf nur noch tausend Tweets am Tag absenden.
  • Yann Sommer darf nur noch alle tausend Stunden zum nächsten Verein wechseln.
  • Roger Federer darf neben Coldplay und Elton John nicht mehr als tausend weiteren Künstlern als Sänger dienen.
  • Der perrückte Prigoschin darf nur noch tausend verschiedene Perrücken besitzen.

Ruedi Widmer wohnt schon seit mehreren Tausend Wochen in Winterthur.