Film: Grinsend unter der Perücke

Nr. 32 –

Filmstill aus «Jeanne du Barry»
«Jeanne du Barry». Regie: Maïwenn. Frankreich/Grossbritannien/Belgien 2023. Als Vorpremiere in Basel und Zürich, ab 17. August 2023 im Kino.

Dass ein Biopic über Jeanne du Barry zwiespältige Gefühle auslöst, könnte ein Kompliment sein. Wie anders sollte man empfinden angesichts der Lebensgeschichte einer Frau, der dank ihrer Schönheit der Aufstieg gelang, wie es euphemistisch heisst. Die Formulierung spart aus, dass es die sexuelle (Selbst-)Ausbeutung war, die Frauen wie ihr einen Status am Hof der französischen Könige verschaffte. Die Regisseurin und Schauspielerin Maïwenn beweist hier Mut zur Direktheit, wenn sie eine lange und entsprechend unangenehme Szene der gynäkologischen Untersuchung widmet, der sich die von ihr selbst verkörperte Titelfigur unterziehen muss, bevor man sie ins Bett von Louis XV. (Johnny Depp) vorlässt. Die medizinischen Standards des 18. Jahrhunderts, erfahren wir da, waren nicht nur wissenschaftlich zweifelhaft, sie nahmen auch keinerlei Rücksicht auf das Wohlbefinden einer Frau. Leider trifft das so ähnlich auch auf Maïwenns Film zu.

Zwar hält sich ihre Interpretation an die Lebensdaten, aber Maïwenn selbst spielt Jeanne keineswegs als Frau ihrer Zeit. Diese wirkt bei ihr eher wie ein kalifornisches Flower Girl der 1960er, das naiv über die Wirkung staunt, die ihre körperliche Freizügigkeit auf die Männer hat. Ihren Weg nach oben beschreibt der Film als langen Marsch durch die Institutionen. Was Jeanne voranbringt, ist einerseits ihre schnelle Auffassungsgabe, was die komplexen Verhaltensregeln des Versailler Hofs betrifft, und andererseits ihre Fähigkeit, genau diese provokant-kokett zu überschreiten. Sie wusste, wie man Aufmerksamkeit erregt, aber was wollte sie damit?

Schal wird dieser Ansatz dadurch, dass Johnny Depp (eine kalkuliert provokante Besetzung, die für sich schon zwiespältige Gefühle auslöst) seinen König ähnlich anlegt. Grinsend unter der Perücke macht sich Louis XV. mit Jeanne über die Höflinge lustig, die sich mit der extravaganten Etikette abmühen. Dass es Zynismus war, was die beiden verband, mag historisch nicht mal abwegig sein – als Perspektive aus dem 21. Jahrhundert ist es ziemlich unbefriedigend.