Ruag-Skandale: Die Folgen einer Fehlkonstruktion
Kaum eine andere Schweizer Firma sorgt seit Jahren so zuverlässig für negative Schlagzeilen wie die Ruag. Aktuell steht der Rüstungskonzern wegen der sogenannten Panzeraffäre in der Kritik: 2016 kaufte eine Ruag-Tochter dem italienischen Verteidigungsministerium 96 veraltete Leopard-1-Kampfpanzer ab, um diese als Ersatzteillager zu nutzen. Wie nun bekannt wurde, war bei diesem Handel mutmasslich Korruption im Spiel. Kommt hinzu: Die Ruag-Geschäftsführung trieb im Frühjahr den Verkauf einiger dieser Panzer an Deutschland voran, damit sie an die Ukraine weitergeliefert werden können – im Wissen, dass der Bundesrat einem solchen Deal niemals zustimmen würde. Eine Firma ausser Kontrolle.
Besonders problematisch dabei ist, dass die Ruag zu hundert Prozent dem Bund gehört. Die Verantwortung für das Geschäft liegt letztlich auch beim Bundesrat, speziell bei Verteidigungsministerin Viola Amherd (Mitte). Diese hat mittlerweile eine externe Untersuchung der Affäre anberaumt, bereits Anfang August musste Ruag-CEO Brigitte Beck zurücktreten. Eine sorgfältige Kontrolle war nicht gewährleistet, aber immerhin folgen nun Konsequenzen. Das war jahrzehntelang nicht der Fall.
Der Grund, warum der bundeseigene Rüstungskonzern derart skandalanfällig ist, liegt in seiner Konstruktion: Die Ruag ist 1998 aus der Auslagerung ehemaliger Rüstungsbetriebe des Bundes entstanden. Die neue, eigenständige Firma sollte einerseits die Waffensysteme der Schweizer Armee warten und pflegen, andererseits als Munitions- oder Flugzeugproduzentin im globalen, notorisch korrupten Rüstungsmarkt reüssieren. Und der Bund erwartete satte Gewinne. Nur logisch, ging die Ruag immer wieder Risiken ein; ebenso logisch, entzog sie sich weitestmöglich der staatlichen Kontrolle.
Nachdem 2016 ein grosser Cyberangriff auf die Ruag erfolgt war, der sich wegen der engen Verbindungen zur Armee als nationales Sicherheitsrisiko erwies, zog der Bund die Reissleine: Er privatisierte die auf den Rüstungsmarkt ausgerichteten Firmeneinheiten. Nun wäre es an der Zeit, dass der Bundesrat die übrig gebliebenen Einheiten konsequent kontrolliert.