Serie: Vermächtnis eines Drogenbarons

Nr. 45 –

Still aus der TV-Serie «The Fall of the House of Usher»
«The Fall of the House of Usher», Miniserie (8 Folgen). Idee: Mike Flanagan. USA 2023. Netflix.

Langfristig sind wir alle tot, was ja schon gelegentlich die Beschäftigung mit dem Rätsel anregen könnte, was wohl nach dem Leben kommen mag. Mike Flanagan lässt sich gewiss nicht der Vorwurf machen, dieser Frage aus dem Weg zu gehen, im Gegenteil, der US-Horrorregisseur («Doctor Sleep») wälzt sie geradezu obsessiv. Seine bodenlos traurige Serie «Midnight Club» (2022) etwa erzählte von Teenager:innen in einem Sterbehospiz, die sich nachts heimlich treffen, um einander Schauermärchen zu erzählen. Die todkranken Jugendlichen wissen nämlich: Am Ende bleiben allein ihre Geschichten.

Wenig überraschend also bei einem wie Flanagan, dass seine neue Serie mit einer Bestattung beginnt. «The Fall of the House of Usher» kreist um das Schicksal einer Familie, die ein Vermögen in der Pharmabranche gemacht hat. Dies aber mit fragwürdigen Mitteln: Gerade als Staatsanwalt Auguste Dupin (Carl Lumbly) die Sippe vor Gericht gezerrt hat, um ihnen den Prozess wegen eines Schmerzmittels zu machen, das Millionen in die Drogenabhängigkeit getrieben hat, kommen die Kinder des Familienpatriarchen Roderick Usher (Bruce Greenwood) eins nach dem anderen um (und zwar genretypisch reichlich blutig). Roderick bittet daraufhin den Ermittler Dupin in das Haus, in dem er aufgewachsen ist, um dort seine Lebensbeichte abzulegen, der Plot wird entsprechend in Rückblenden erzählt.

«The Fall of the House of Usher» ist einerseits Interpretation einer gleichnamigen Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe, andererseits verarbeitet die Serie den realen Fall des Sackler-Clans, dem vorgeworfen wird, aus Profitgier die Opioidkrise in den USA mitverantwortet zu haben. Vor allem aber geht es wieder um Fragen der Transzendenz, die Flanagan dieses Mal anhand des Geschicks einer jäh ausgelöschten Dynastie durchdekliniert. Hier ist es die Gnadenlosigkeit bei der Verwirklichung eigener Ambitionen, die über die Generationen hinausweist. Der wahre Horror schlummert nicht im Einzelnen, sondern in Verhältnissen, die maximale Ruchlosigkeit belohnen. Zumindest bei den «happy few».