Rechtsextremismus: Amtlich bestätigte Neonazis

Nr. 50 –

In der Schweiz pflegt die rechtsextreme Gruppierung Junge Tat gute Kontakte zur SVP, und in Deutschland sucht sie gezielt die Nähe zur organisierten Naziszene. Die dortigen Sicherheitsbehörden sind alarmiert.

Anfang Monat schaltete der Pressedienst des Deutschen Bundestags eine Kurznachricht zu einer «Schweizer Neonazigruppe» auf. Konkret geht es um die Gruppierung Junge Tat (JT), die von sich selbst gerne behauptet, sie seien «keine Rechtsextremisten», und zuletzt demonstrativ die Nähe zur SVP suchte (siehe WOZ Nr. 41/23). Wie sich nun aber zeigt, ist die in der Meldung gewählte Bezeichnung «Neonazigruppe» durchaus zutreffend.

Hintergrund der Meldung ist eine Anfrage der Partei Die Linke an die Bundesregierung zu den Verbindungen der Jungen Tat nach Deutschland. Eine gute Frage: Im Februar 2023 nahmen JT-Mitglieder an einer Propagandaaktion mit volksverhetzenden Straftaten vor einer Unterkunft für Geflüchtete in Bayern teil. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Ingolstadt fanden diesen August mehrere Razzien statt, darunter auch in Hagenbuch bei Winterthur, wo der Anführer der rechtsextremen Gruppierung seinen Wohnsitz hat.

Die nun publizierte Antwort des Bundes auf die Anfrage der Linken ist in zweifacher Hinsicht aufschlussreich. Erstens haben die deutschen Sicherheitsbehörden die Junge Tat im Blick. So veranlasste die Bundespolizei anlässlich «einer Gefahrenprognose im Kontext des Rechtsextremismus» die Erfassung zweier mutmasslicher JT-Mitglieder im polizeilichen Informationssystem. Und auch das «Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum», ein vierzig Polizei- und Nachrichtendienstbehörden umfassender Arbeitskreis, hat sich mit der Gruppierung aus der Schweiz befasst. «Die offenbar engmaschige Beobachtung der Jungen Tat zeigt, wie gefährlich selbst deutsche Sicherheitsbehörden die Gruppierung und ihre Aktivitäten einschätzen», sagt die Linken-Abgeordnete Martina Renner, die die Anfrage miteingereicht hat, gegenüber der WOZ.

Geläutert?

Zweitens zeigt sich, dass die Junge Tat in den letzten zwei Jahren Verbindungen zu den folgenden drei Gruppen der neuen Rechten pflegte: zur Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD; zum Institut für Staatspolitik des neurechten Verlegers Götz Kubitschek mit Sitz in Schnellroda, Sachsen-Anhalt; sowie zum rassistischen Kampagnenprojekt «Ein Prozent». Alle drei Organisationen sind in Deutschland seit diesem Frühjahr als «gesichert rechtsextrem» eingestuft, weil sie «verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen».

Während die Junge Tat in Deutschland also offiziell als «Neonazigruppe» gilt und ihr Gefahrenpotenzial angesichts der engen Verbindungen in organisierte rechtsextreme Strukturen auch erkannt wurde, werden ihre Mitglieder in den Schweizer Medien gerne mal als geläuterte patriotische Aktivist:innen inszeniert. Vor allem aber sucht die Junge Tat offensiv die Nähe zur SVP. Sie sieht sich als deren ausserparlamentarischer Flügel – und rennt bei der wähler:innenstärksten Partei des Landes offene Türen ein.

Wahlkampf für SVP-Kandidatin

Maria Wegelin, die mittlerweile zurückgetretene Präsidentin der Winterthurer SVP, spannte diesen Herbst für ihren Nationalratswahlkampf mit Manuel Corchia und Tobias Lingg zusammen, den zwei führenden Köpfen der JT. Auf die Slogans der Gruppierung angesprochen, sagte Wegelin gegenüber der NZZ: «Das kann ich voll unterschreiben, aber das sind ja keine problematischen Aussagen. Da steht auch die SVP dahinter.» Nachdem die Polizei wegen der rassistischen Propagandaaktion in Bayern diesen Sommer eine Razzia bei JT-Mitgliedern durchführte, sammelte die Gruppe Spenden – und gibt an, Geld von Exponent:innen der SVP bekommen zu haben.

Besonders wirkungsvoll lief die «Zusammenarbeit» zwischen der Jungen Tat und der SVP im Oktober 2022. Damals störten JT-Mitglieder im Zürcher Tanzhaus eine Veranstaltung, bei der Dragqueens Kindern Geschichten vorlasen, und forderten, dass eine solche Vorlesestunde nicht mehr stattfinden dürfe. Während alle lokalen Parteien die Aktion verurteilten, tat die SVP das Gegenteil: Sie trug die Forderung der Jungen Tat ins Stadtparlament.