Weltklimakonferenz in Dubai: Grosse Versprechen, wenig Geld
Die Staaten einigen sich auf der COP28 auf einen Fonds für die Bewältigung von Klimaschäden in armen Ländern. Doch die Zusagen für den Finanztopf reichen nicht aus.
Der erste Erfolg gelang so schnell, dass er kaum wahrgenommen wurde: Gleich am ersten Tag der Uno-Weltklimakonferenz COP28, die in den vergangenen zwei Woche in Dubai stattfand, beschlossen die teilnehmenden Staaten, dass schon im nächsten Jahr der geplante «Loss and Damage»-Fonds für Klimaschäden an den Start gehen soll. Die Geschwindigkeit, mit der die Entscheidung getroffen worden sei, sei «einmalig», sagte COP-Präsident Sultan Ahmed al-Dschaber. «Die COP28 kann und wird liefern.»
Tatsächlich erfolgte die Einrichtung des neuen Fonds ungewöhnlich schnell. Dass es ihn überhaupt geben würde, war noch bis vor kurzem nicht ausgemacht. Seit langem hatten Vertreter:innen von Staaten des Globalen Südens, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, zusammen mit NGOs dafür gekämpft, «Loss and Damage», die Entschädigung für klimabedingte Schäden und Verluste, als festen Bestandteil der internationalen Klimapolitik aufzunehmen, Die Industrieländer als Hauptverursacher der Erderwärmung sollen sich an diesen Kosten beteiligen. Dabei geht es um Veränderungen im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung, deren Folgen irreparabel sind: um Inseln, Gebiete und Städte, die wegen des steigenden Meeresspiegels dauerhaft im Meer versinken, um das Aussterben von Tieren, Pflanzen, Kulturen.
Ernst genommen hat diese Forderungen lange Zeit kaum jemand in den Verhandlungen. Doch angesichts der immer deutlicher werdenden Folgen des Klimawandels und dank des Drucks eines breiten Bündnisses aus Staaten und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen hat das Thema die letzten Jahre Fahrt aufgenommen. Das Pariser Abkommen aus dem Jahr 2015 enthält auch einen Artikel zu «Loss and Damage», allerdings mit zahlreichen Einschränkungen. Bei der COP27, die im letzten Jahr in Ägypten stattfand, gelang dann überraschend der Durchbruch. Die Industriestaaten, die beim Thema lange Zeit geblockt hatten, gaben nach: Ein Fonds für «Loss and Damage» wurde beschlossen.
Vor allem die USA bremsen
Wie genau der «Loss and Damage»-Fonds aussehen soll, wer einzahlt und wer Gelder bekommt, das sollte ein Komitee klären, das bis zur diesjährigen COP Vorschläge für den Aufbau und die Funktionsweise des Fonds auszuarbeiten hatte. Nachdem im Oktober noch immer keine Einigung beim Entwurf in Sicht gewesen war, fand im November eine Dringlichkeitssitzung statt. In zähen Verhandlungen gelang es dann, eine Vorlage zu erstellen, die von keinem der teilnehmenden Länder blockiert wurde. Im Rahmen der Uno-Verhandlungen herrscht das Konsensprinzip, jede Regierung kann ein Veto einlegen und den Prozess blockieren.
Wie zumeist bei einem hart erkämpften Kompromiss war niemand damit so richtig glücklich. Die Industriestaaten, allen voran die USA, standen dem gesamten «Loss and Damage»-Prozess immer kritisch gegenüber. Sie fürchten, dass die Anerkennung von Klimaschäden langfristig die Tür für Entschädigungsklagen öffnen wird, die sie als mit Abstand grössten historischen Verursacher der Klimakrise am stärksten betreffen würden. So hatten sie schon im Pariser Abkommen den Zusatz durchgesetzt, dass die Anerkennung von Klimaschäden keine Haftung bedeute. Auch jetzt drängten sie erfolgreich darauf, dass die Zahlungen in den Fonds «auf freiwilliger Basis» erfolgen sollen. Dem Thema der ungleichen historischen Verantwortung für die Klimakrise konnten sie jedoch nicht aus dem Weg gehen. Die Länder des Südens setzten durch, dass der Fonds der Klimarahmenkonvention untergeordnet ist. Damit gilt das Prinzip der «gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung», das in deren Präambel steht, auch für den Fonds.
Nur ein Klacks
Dafür mussten die Befürworter:innen der Regelung eine bittere Pille schlucken. Trotz des Widerstands aus dem Globalen Süden wird der Fonds zunächst bei der Weltbank angesiedelt. Genau das wollten zivilgesellschaftliche Organisationen und Länder aus dem Süden verhindern, haben sie doch jahrzehntelang Erfahrung mit der verheerenden Politik der von den Ländern des Nordens dominierten Weltbank gemacht. Zwar wurde festgelegt, dass diese Anbindung nur vorübergehend sei und eine andere Lösung gesucht werde – es bleibt aber die Sorge, dass dies am Ende nie geschehen wird.
Ob der Fonds tatsächlich eine Form annimmt, die den Hoffnungen gerecht wird, oder ob er ein leeres Versprechen bleibt, ist noch nicht ausgemacht. Nun kommt es im Wesentlichen darauf an, wie der Fonds gefüllt wird. Feste Regeln, wer wie viel einzahlen muss, konnten nicht festgelegt werden. Erste freiwillige Zusagen lassen nichts Gutes erahnen: 17,5 Millionen Dollar von den USA, 100 Millionen von Deutschland, weitere 125 von anderen EU-Ländern und 100 Millionen von den Vereinigten Arabischen Emiraten – angesichts dessen, dass gemäss Berechnungen von Wissenschaftler:innen die Klimaschäden in diesem Jahrzehnt auf über 400 Milliarden jährlich belaufen werden und in den nächsten Jahrzehnten noch auf ein Vielfaches ansteigen könnten, sind die Summen nur ein Klacks. Dies umso mehr, als es sich um einmalige und keine dauerhaften Finanzzusagen handelt.