Film: Im Patriarchat vor unserer Zeit

Die Romanvorlage erschien 2014 und sorgte mit ihrem auf alt getrimmten Kunstdialekt für Aufsehen. Sie habe sich vorgestellt, so erklärte Autorin Silvia Tschui damals, dass die relativ ungebildete junge Magd Elsie ihre Geschichte auf Hochdeutsch erzähle, um ihr damit Gewicht zu geben, und verglich das mit Kindern, die versuchen, Hochdeutsch zu sprechen. Katalin Gödrös («Songs of Love and Hate») hat «Jakobs Ross» nun als eine Art retrofeministisches Heimatmusikmärchen verfilmt, mit einer sagenhaft singenden Luna Wedler in der Hauptrolle.
Elsie hat ein aussergewöhnliches musikalisches Talent, aber als Magd weder die Mittel noch das richtige Geschlecht, um etwas aus ihrer Begabung zu machen. Wie im Buch ereilt sie ein Unglück nach dem anderen. Das in Aussicht gestellte Stipendium für eine Musikausbildung in Florenz entpuppt sich als Vorwand des Hausherrn, Elsie in seinem Studierzimmer zu missbrauchen. Die darauffolgende Schwangerschaft führt zur Zwangsehe mit Knecht Jakob (Valentin Postlmayr), der Elsie in Holzpantoffeln für sich «blochen» lässt, um sich seinen Traum vom eigenen Ross zu erfüllen. Und die Pacht, auf die die beiden geschickt werden, ist der «hinterste Chrache» in einer brutal patriarchalen Dorfgemeinde, die, anders als Elsie, kein Herz für dahergelaufene blond gelockte «Gadschos» (Max Hubacher) hat.
Die gute Nachricht ist: Wer das Buch mochte, wird wohl auch den Film mögen. Auch er erzählt bewusst arglos von einem rauen 19. Jahrhundert, das so nie existiert hat, um uns an Probleme zu erinnern, von denen wir heute glauben, wir hätten sie aus dieser Zeit geerbt. Alles ist «ganz schlimm und doch glych», singt Wedler als Elsie passend zum Abspann (Musik: Balz Bachmann). Die schlechte Nachricht: Der Umkehrschluss gilt auch. Allen, denen sich schon bei Tschuis Erklärung die Nackenhaare aufstellen, warum sie meinte, der «ungebildeten Elsie» eine kindliche Kunstsprache verpassen zu müssen, wird auch der Film nicht guttun.