Zur Abstimmung am 3. März: Die wichtigsten Fragen zur 13. AHV-Rente

Nr. 3 –

Die Initiative des Gewerkschaftsbunds für eine 13. Monatsrente will eine zusätzliche monatliche Auszahlung für alle. Die Gegner:innen der Vorlage halten diese für unnötig, unfair und nicht finanzierbar. Stimmt das?

Illustration: drei Personen sitzen auf einer Bank und blicken in die Landschaft


Ist die 13. AHV ein «Weihnachtsgeld für Millionär:innen», wie die Gegner:innen behaupten?

Infografik: AHV-Kasse 2022

Die Initiative will eine zusätzliche Monatsrente für alle: 1225 bis 2450 Franken für Einzelpersonen monatlich, bis zu 3675 Franken für Ehepaare. Davon würden zu viele Pensionär:innen profitieren, die es nicht nötig hätten, lautet ein häufig angeführtes Argument dagegen, das Giesskannenprinzip verfehle das Ziel.

Dabei ist die Giesskanne gerade das Wesen der AHV: Alle bekommen nach der Pensionierung eine AHV-Rente, auch Millionär:innen. Entscheidend ist, wie die AHV finanziert wird: und zwar zum grössten Teil über die Lohnprozente der Erwerbstätigen und der Arbeitgeber. Weil diese nicht gedeckelt sind, ist die AHV die einzige Säule der Altersvorsorge, von der Millionär:innen – genauer: die acht Prozent, die am meisten verdienen – gerade nicht profitieren. Sie haben mehr einbezahlt, als sie beziehen. Bei der 13. Rente haben wir es schlicht mit einem Ausbau dieses Systems zu tun.

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Trotzdem: Haben viele das Geld vielleicht gar nicht nötig?

Dank Vermögen und Erbschaften kommen tatsächlich viele Pensionierte gut über die Runden. Allerdings leben über fünfzehn Prozent der Rentner:innen, also fast 400 000 Personen, in einem Haushalt mit maximal 10 000 Franken finanzieller Reserve. Rund 300 000 sind armutsgefährdet, 40 000 laut Pro Senectute «ausweglos arm». Insbesondere Senior:innen, deren Einkommen primär aus der AHV-Rente besteht, stehen schlecht da. Das sind mehrheitlich Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund. Die 13. Rente würde bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen (EL), in die heute auch die AHV-Bezüge fliessen, nicht miteinbezogen werden – die EL blieben also unberührt.

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Wäre ein Ausbau der Ergänzungs- leistungen nicht das bessere Instrument gegen Altersarmut?

Das nun als Königsweg präsentierte EL-System hat Tücken, es ist administrativ aufwendig: für die Ämter, besonders aber für die Menschen, die mit unzähligen Formularen ihre Bedürftigkeit beweisen müssen – ein oft beschämender Vorgang (siehe «wobei» Nr. 6/21). Gemäss einer Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) stellen Zehntausende von Senior:innen, die eigentlich Anrecht auf EL hätten, keinen Antrag – aus Scham, weil die Hürden zu hoch sind, oder weil die Betroffenen ihre Rechte nicht kennen. Den EL-Bezug zugänglicher zu machen, wäre ein wichtiges Anliegen, doch dieses liegt nicht auf dem Tisch.

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Würde die zusätzliche Rente die AHV-Kasse nicht zu stark belasten?

Infografik: AHV-Kapital (in Franken)

Im Moment nimmt die AHV mehr ein, als sie ausgibt, die Kasse war zum Jahreswechsel mit rund 50 Milliarden Franken gefüllt – und die Prognosen sind gut: Laut den Finanzperspektiven des Bundes liegen im Jahr 2030 voraussichtlich 67 Milliarden Franken in der Kasse. Mit der Einführung der 13. AHV-Rente wäre dieses Polster im selben Jahr immer noch 49 Milliarden Franken dick. Anders gesagt, bräuchte die AHV ab der Einführung der 13. Rente im Jahr 2026 jährlich 4,1 Milliarden und ab 2030 circa 5 Milliarden Franken mehr, weil die Zahl der Rentner:innen steigt. Unbestritten ist: Längerfristig braucht die AHV ohnehin eine Zusatzfinanzierung.

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Die Bevölkerung wird immer älter. Wie geht es der AHV nach 2030?

Prognosen zur AHV, die über mehr als zehn Jahre hinausreichen, haben sich in der Vergangenheit regelmässig als falsch herausgestellt. Anders als die Zahl der Eintritte ins Rentenalter ist die Einnahmenseite kaum verlässlich prognostizierbar, sie ist von mehreren Faktoren abhängig, die die Lohnsumme und damit die Beiträge bestimmen, wie etwa Zuwanderung, Produktivität oder Lohnentwicklung. Was gesagt werden kann: In den vergangenen Jahrzehnten ist die Lohnsumme verlässlich gestiegen – um jeweils 0,5 bis 1 Prozent pro Jahr.

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Wie könnte die 13. AHV-Rente konkret finanziert werden?

Infografik: Einkommen in Franken

Im Gespräch ist insbesondere eine Erhöhung der Lohnprozente von derzeit 8,7 Prozent. Würden rund 0,8 Prozentpunkte mehr vom Lohn in die AHV fliessen – von denen Lohnempfänger:innen und Arbeitgeber:innen je die Hälfte übernehmen –, wären die Mehrausgaben durch die 13. Rente langfristig gedeckt. Das belaste das Portemonnaie, sagen die Gegner:innen, und das stimmt auch: Bei einem Lohn von 4000 Franken brutto betrüge der Abzug für die Arbeitnehmenden 228 statt 212 Franken – es würden also jeden Monat 16 Franken weniger auf dem Konto landen. Bei 6000 Franken wären es 24 Franken weniger, bei 10 000 Franken 40 Franken.

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Gibt es andere Ideen für die Finanzierung?

Auf dem Tisch des Finanzdepartements liegt ein Postulat von Mitte-Ständerat Beat Rieder: Der Bund muss nun in einem Bericht aufzeigen, wie eine Finanztransaktionssteuer aussehen müsste, die die AHV sichern könnte. Auf jede Transaktion auf den Finanzmärkten soll ein Minibeitrag von 0,1 Prozent des Handelswerts erhoben werben, schlägt Rieder vor. «Ein paar Milliarden» würde diese Steuer abwerfen.

Kürzen bei der zweiten Säule: Heute fliessen vierzehn Lohnprozente in die Pensionskassen, fast doppelt so viele wie in die AHV. Würde man ein Prozent davon in die AHV umleiten, wäre diese langfristig gesichert – ein Vorschlag, den SP-Nationalrätin Jacqueline Badran vertritt (siehe WOZ Nr. 33/22). Die Renten aus diesem Lohnprozent wären sogar höher, weil der Umwandlungssatz in der ersten Säule über dem in der zweiten liegt. Das Nachsehen hätten die Pensionskassen.

Auch die Erhöhung des Bundesbeitrags wäre eine Option. Heute stemmt der Bund jährlich ein Fünftel des AHV-Budgets. 2022 waren das 9,7 Milliarden Franken, hinzu kamen 3,2 Milliarden Franken aus Erträgen der Mehrwertsteuer und 260 Millionen Franken aus der Spielbankenabgabe.

Denkbar wäre auch eine Mehrwertsteuererhöhung um einen Prozentpunkt. Das würde allerdings der Wirkung der 13. Rente zuwiderlaufen, weil die Mehrwertsteuer Menschen mit weniger Geld stärker belastet. Fairer wäre eine Erhöhung der Bundessteuer, dort ist die Progression am grössten.

Noch fairer wären eine Kapitalgewinnsteuer, höhere Vermögenssteuern oder Erbschaftssteuern. 2022 wurden in der Schweiz fast neunzig Milliarden Franken vererbt – das entspricht etwa den gesamten jährlichen Bundesausgaben. Die «Initiative für eine Zukunft» der Juso rechnet damit, dass mit einer Erbschaftssteuer von fünfzig Prozent ab einem Freibetrag von fünfzig Millionen jährlich rund sechs Milliarden Franken eingenommen werden könnten.

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Warum nicht einfach etwas vom grossen Armeebudget für die AHV abzweigen?

Letztes Jahr hat das Parlament eine Erhöhung des Armeebudgets von 5,5 auf 9,5 Milliarden gefordert – Geld, das ungefähr die 13. Rente decken würde. Der Wunsch wurde vom Bundesrat abgewiesen, doch er zeigt, dass Geldforderungen im Parlament nicht tabu sind.

Und bei all der Zahlenschleuderei darf nicht vergessen werden: Auf Finanzierungsfragen gibt es nicht nur rechnerische, sondern auch gesellschaftspolitische Antworten. Wir müssen uns gut überlegen, mit welchen Steuern der Bund Geld einnehmen soll – und wo er es wieder ausgibt.

WOZ Debatte

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Kommentare

Kommentar von kusto

Do., 18.01.2024 - 02:39

Eine 13. AHV ist jedenfalls schlauer als jede Stärkung der Pensionskassen, weil dadruch nicht die Finanzindustrie sondern der Rentenbezüger profitiert