In eigener Sache: Untersuchung benennt Handlungsbedarf

Nr. 6 –

Am 24. August 2023 machte der «Medientalk» auf Radio SRF 4 News publik, dass einem Journalisten, der bis vor rund sechs Jahren bei der WOZ angestellt war, von mehreren Frauen sexuelle Belästigung vorgeworfen wird. In einem Fall aus dem Jahr 2014 betrafen die Vorwürfe auch seine Zeit bei der Genossenschaft infolink, der Herausgeberin der WOZ.

Die WOZ, die bis dahin keine Kenntnis vom mutmasslichen Fehlverhalten hatte, gab daraufhin umgehend eine externe Untersuchung bei einer ausgewiesenen Fachperson in Auftrag. Die Juristin Claudia Kaufmann, Expertin in rechtlichen Gleichstellungsfragen und bis 2020 Ombudsfrau der Stadt Zürich, wurde damit beauftragt, die Vorkommnisse zu untersuchen. Zu diesem Zweck fungierte sie vom 15. September bis 30. November 2023 als unabhängige, vertrauliche Meldestelle für aktuelle und ehemalige Mitarbeiter:innen der Genossenschaft infolink als Herausgeberin der WOZ.

Dazu hat die WOZ alle aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter:innen seit 2005 angeschrieben und sie dabei auf die Möglichkeit hingewiesen, sich an die Meldestelle zu wenden. Gemäss Auftrag konnte dabei jede empfundene Verletzung der persönlichen Integrität (namentlich Mobbing, Diskriminierung, sexuelle Belästigung) von 2005 bis heute gemeldet werden. Insgesamt gingen achtzehn Meldungen bei Claudia Kaufmann ein, wobei nicht alle dieser Personen selbst eine Verletzung ihrer persönlichen Integrität erfahren haben. Der untersuchte Zeitraum stellt Claudia Kaufmann zufolge eine für vergleichbare Untersuchungen aussergewöhnlich lange Dauer dar.

Was das mutmassliche Fehlverhalten des früheren Mitarbeiters betrifft, decken sich die eingegangenen Meldungen gemäss dem nun vorliegenden Untersuchungsbericht von Claudia Kaufmann im Wesentlichen mit den bereits publik gewordenen Vorwürfen. Der Bericht empfiehlt, das damalige Verhalten der Genossenschaft, ihrer Gremien und der Beschäftigten aufzuarbeiten. Zudem wurden für den untersuchten Zeitraum ab 2005 weitere sexuelle Belästigungen gemeldet, die durch andere Mitarbeiter der WOZ erfolgt seien. Zu diesen Vorfällen macht der Bericht aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes sowie der zugesicherten Vertraulichkeit keine konkreten Angaben. Die WOZ verfügt über keine weiteren Informationen dazu. Die gemeldeten Erfahrungen gingen aber in die Empfehlungen des Berichts ein.

Die Untersuchung von Claudia Kaufmann stellt dabei fest, dass unsere internen Massnahmen und Reglemente auch heute nicht genügen, um Mitarbeiter:innen ausreichend vor Verletzungen der persönlichen Integrität zu schützen. Auch in einem selbstverwalteten und basisdemokratisch organisierten Betrieb wie der WOZ kann es zu solchen Verletzungen kommen. Zwar hat die WOZ, wie andere Unternehmen auch, ihre Reglemente bezüglich sexueller Belästigung in den letzten Jahren überarbeitet. Trotzdem besteht in dieser Hinsicht weiterhin ein grosser Nachholbedarf.

Neben der Aufarbeitung der Vergangenheit wird das WOZ-Kollektiv deshalb die notwendigen betrieblichen Massnahmen ergreifen. Dazu gehört zuallererst die Einrichtung einer externen Meldestelle. Weiter werden wir die empfohlene Schulung, Sensibilisierung und Prävention zum Schutz der persönlichen Integrität realisieren. Schliesslich wollen wir die weiteren im Bericht empfohlenen Massnahmen zum Umgang mit Personalkonflikten und der Betriebskultur im Allgemeinen in einem für alle Mitarbeiter:innen offenen Prozess angehen.

Es tut uns leid, dass es in der Vergangenheit bei der WOZ zu Fehlverhalten gekommen ist. Die Betroffenen bitten wir dafür in aller Form um Entschuldigung – vor allem auch für die erlebte psychische Belastung und dafür, dass unser Betrieb keine vertrauensvolle Unterstützung gewährleisten konnte. Wir nehmen die Erkenntnisse aus der unabhängigen Untersuchung sehr ernst und werden im Kollektiv umgehend die nötigen Schritte einleiten, um die Empfehlungen des Berichts für ein sicheres Arbeitsklima bei der WOZ umzusetzen.

Genossenschaft infolink, Herausgeberin der WOZ