Seenotrettung: Groteske in Trapani

Nr. 7 –

Das blaue Schiff rostete zuerst im Hafen von Trapani auf Sizilien vor sich hin. Heute wird die «Iuventa» auf einer Werft notdürftig instand gehalten. Das blockierte Schiff steht sinnbildlich für die europäische Migrationsabwehr. 2017 beschlagnahmte die italienische Justiz das Rettungsschiff, das zuvor Tausende Geflüchtete in Sicherheit gebracht hatte. Der Vorprozess gegen die Crew der «Iuventa» dauert mittlerweile zwei Jahre.

Am Samstag nahm er eine groteske Wendung, als drei Sicherheitsangestellte einer Reederei aussagten. Pietro Gallo, Floriana Ballestra und Lucio Montanino wollten zuvor angeblich beobachtet haben, wie die Seenotretter:innen mit Menschenschmugglern kooperierten. Sie hatten dies Lega-Chef Matteo Salvini gemeldet, der die Vorwürfe politisch instrumentalisierte.

«Die Zeug:innen verstrickten sich vor Gericht in zahlreiche Widersprüche», berichtet Sascha Girke, einer der «Iuventa»-Angeklagten. «Sie haben offenkundig keine Ahnung von dem, was da vor ihren Augen passierte, weder von Seenotrettung im Speziellen noch von grundlegenden maritimen Verhaltensweisen.» Im Verhör mussten die drei schliesslich zugeben, dass sie nichts von dem, was sie damals behaupteten, selbst beobachtet hatten. Sie hätten sich das nur so vorgestellt. Von der Denunzierung erhofften sie sich berufliche Vorteile.

Die Existenz vertrauenswürdiger Augenzeug:innen galt stets als entscheidendes Merkmal des «Iuventa»-Falles. Mit ihrem Wegfall ist die Anklage der Staatsanwaltschaft diskreditiert. Die Schlussverhandlung beginnt Ende Februar. «Auch wenn das Verfahren gegen uns eingestellt wird, so wäre das nur bedingt ein Grund zur Freude: Die Ermittlungen, die von Anfang an jeglicher Grundlage entbehrten, waren ein strategisches Mittel des Staates, um die Seenotrettung zu blockieren und unliebsamen Aktivismus zu kriminalisieren», sagt Girke.

Bei einem Freispruch will der gelernte Rettungssanitäter wieder zur See fahren. Allenfalls auch mit der «Iuventa». Der Staat müsste das Schiff bei einer Einstellung des Verfahrens nämlich wieder freigeben. Und zwar im Zustand bei der Beschlagnahmung.

Ein Interview mit Sascha Girke findet sich auf www.woz.ch.