Rote-Armee-Fraktion: Echo aus der Vergangenheit

Nr. 9 –

Lange war es still um die Rote-Armee-Fraktion, doch plötzlich ist die RAF wieder in aller Munde – wie ein Echo aus der Vergangenheit. Denn: Daniela Klette, eine der letzten Gesuchten aus den Reihen der 1998 aufgelösten, als «linksterroristisch» verfolgten Gruppe, wurde am Montagabend in Berlin festgenommen. Nach dreissig Jahren im Untergrund. Ihr werden unter anderem Beteiligungen an Überfällen vorgeworfen.

Viele mögen Klette vergessen haben. Nicht so der deutsche Staat, dem die RAF 1970 den bewaffneten Kampf angesagt hatte. «Wir vergessen nicht», sagte am Dienstag Daniela Behrens, Innenministerin von Niedersachsen, wohin Klette nach ihrer Festnahme gebracht wurde. Diese sei ein «Meisterstück», einer der «grössten Fahndungserfolge der vergangenen Jahrzehnte». Es ist etwas Wahres an der Rede vom einzigartigen Fahndungserfolg, etwas Verräterisches. Denn so komplettiert sich ein Bild der Behörden, die ihre Anstrengungen wesentlich auf Linke konzentrieren – zuletzt vor allem auf Antifaschist:innen (siehe WOZ Nr. 23/23).

Einen vergleichbaren Verfolgungseifer wie in den siebziger und achtziger Jahren gegen die RAF haben die Behörden nie davor und nie danach an den Tag gelegt. Nicht beim NSU, dem Nationalsozialistischen Untergrund, der in den nuller Jahren neun Migrant:innen und eine Polizistin unbehelligt ermorden konnte. Nicht bei den Hunderten untergetauchten, teilweise bewaffneten und in der Armee ausgebildeten Rechtsextremen, gegen die es offene Haftbefehle gibt. Gross aufgemachte Öffentlichkeitsfahndung nach ihnen, gar kriminologische «Meisterstücke»? Fehlanzeige.

Der Verfolgungsdruck nach links dürfte nun noch zunehmen, das Echo aus der Vergangenheit anschwellen. Den Ton dafür gab am Dienstag ein Sprecher der Polizeigewerkschaft vor: Dass Klette in der Hauptstadt gelebt habe, sei Beweis dafür, «dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist». Subtext: Da sollte jetzt mal aufgeräumt werden.

Und das Alarmthema «Linksterrorismus» wird bleiben. Denn in Deutschland steht nun – wider Erwarten – nochmals ein grosser RAF-Prozess an.