Sachbuch: Hochproduktive Ein-Personen-Fabrik
Wenn es um Stilfragen ging, nahm Wiglaf Droste nur selten Gefangene. Als der Liedermacher Stefan Krawczyk 1988 unter grossem Medienecho aus der DDR hinausgeworfen wurde, hatte der in Deutschland damals schon weltberühmte Droste nur eine Bitte an den Vorsitzenden des DDR-Staatsrats: «Nimm ihn wieder, Erich.»
Droste war ein radikaler Linker, lebte damals im Berliner Szeneviertel Kreuzberg, doch er scheute sich nicht vor der Auseinandersetzung mit den eigenen Leuten; insbesondere dann, wenn sie sich anschickten, die Sprache zu verhunzen.
Das Ringen um die richtigen Worte war für Droste jedenfalls unverzichtbarer Bestandteil des Kampfs für eine bessere Welt. Der 2019 Verstorbene arbeitete als Redaktor, las im Radio, veröffentlichte Bücher und schrieb regelmässig für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften, darunter die «taz», das «Neue Deutschland» und «Das Magazin». Er war Autor des «NZZ Folio» und hatte seit 2010 gleichzeitig eine tägliche Kolumne in der linksradikalen «Jungen Welt». Hinzu kamen Lesungen und Auftritte als Sänger mit verschiedenen Bands, zuletzt mit zwei Legenden des DDR-Jazz: Uschi Brüning und Ernst-Ludwig Petrowsky.
«Er hat», so sein Kollege Max Goldt, «über die falschen Dinge geschrieben, aber er hat das grammatisch ordentlich und sauber gemacht.»
Als Künstler war Wiglaf Droste «eine hochproduktive Ein-Personen-Fabrik, die ständig unter Strom und Dampf steht», so der Journalist Christof Meueler in seiner Biografie über Droste, die man zugleich als eine Geschichte der alternativen Kultur in der Bundesrepublik lesen kann. Drostes viele Reisen, die er gern in Begleitung des eng mit ihm befreundeten Sterne- und Fernsehkochs Vincent Klink unternahm, führten ihn auch in die Schweiz, der er 2001 ein vergiftetes Lob ausstellte: «Das Land ist derart gutaussehend, dass es für jeden Betrachter eine enorme Zivilisationsleistung bedeutet, hier nicht zum libidinös motivierten Reaktionär zu werden.»