Wichtig zu wissen: Ja grüezi wohl, Frau Steinemann
Ruedi Widmer über Malmö
Grüezi wohl, Frau Steinemann (SVP, ZH), jetzt muss ich doch noch etwas schreiben. Am Samstag war ich richtig stolz auf die Schweiz, auch wenn es nicht direkt mit ihr zu tun hatte, was Nemo in Malmö ablieferte. Aber eben mal klare Kante aus unserem Fürchtibutzland. Ich bin ein heterosexueller, schweizerischer, weisser Mann, Familienvater, und ich fühle mich in keinster Weise angesprochen von Ihrer berechnend ins Handy getippten Propagandameldung auf vormals Twitter, es gebe wegen Nemo und «Kim de Horizon» bald keine Frauen und Männer, überhaupt keine «normalen» Menschen mehr in der Kulturszene, ja in der Schweiz.
Wissen Sie, nonbinäre Menschen sind gar nicht so ein Problem, denn es sind ja auch gar nicht so viele, und es gab sie schon, bevor Sie auf der Welt waren! Es gibt sicher viel weniger Nonbinäre als Männer, die in den «Löwen», «Bären» und «Kreuzen» an den Stämmen hocken und gemeinsam Angst haben, ihre Stammtischhoheit im Land zu verlieren. Die werden sie schon nicht verlieren, denn es ist eben das ewige Kreuz hierzulande, dass sich die Schweiz geistig erfahrungsgemäss in einem Turnus von etwa 500 Jahren bewegt.
Ich bin überdies Popfan, und dass Nemo «sich selbst inszeniert», ist ganz normal, da kann ich Sie beruhigen. Vielleicht kennen Sie die Beat-Musikgruppe The Beatles, die hatten Pilzköpfe, also ein Coiffeur, eine Coiffeurin oder Coiffeursperson hat denen Fransen gemacht, statt die Haare mit Gel nach hinten zu kämmen. Später trugen mehr Männer lange Haare, ja Mähnen, aber das war lange vor Ihrer Geburt, auch noch als David Bowie bunte Kleider trug und wie Nemo aussah, und in Ihrer Kindheit und Jugend sang Madonna in immer neuen Aufzügen. Die Welt ging nicht unter.
Niemand im Musikmarkt will hingegen einen Sänger, der aussieht wie der Sänger und Discomusikkomponist Thomas Matter («We Are Family»), das verkauft sich einfach nicht, das wussten schon die Plattenfirmen der fünfziger Jahre, als sie Elvis den Hüftschwung beibrachten. Überlassen Sie das Geschlechtliche ganz liberal und bürgerlich und freiheitlich den Manne und Froue und Nonnbinäären, die wissen schon, was gut für sie ist. Und wenn Letztere als drittes Geschlecht anerkannt werden, was macht das schon aus für Sie? Sie bleiben weiterhin eine Frau im «Mann-Frau-Schema»!
Ausserdem ist noch manch anderes random an Ihrer Textbotschaft. Ich wage zu behaupten, dass Nemo nicht esoterisch, wie Sie befürchten, sondern ziemlich klar im Kopf ist.
Ein weiterer Grund für den Sieg: Nemo setzte der allgemeinen von rechts befeuerten medialen Problem- und Hassbewirtschaftung auf dem Kontinent etwas Positives entgegen, und die Menschen, auch die meisten «normalen», dürsten danach.
Wenn Ihre Partei dieselben Massstäbe («Selbstinszenierung») an ihr mittlerweile geistiges Oberhaupt Putin legen würde, dessen Lebensinhalt neben Angst einzig Unterdrückung und Zerstörung, Mord und Krieg ist, dann gute Nacht um sechs Uhr MEZ. Es ist armselig, wie die Füdlibürger (Volksmund) von «gesundem Menschenverstand» und «Schweizer Werten» oder gar «normalen Menschen» labern. Von Kultur haben die meisten auch weder eine Ahnung noch das geringste Interesse daran, dafür sind sie selber sperrangelweit offen für Esoterik (Duftsteine, Kiesgärten, Vorsehung, Zaubertränke), und ihrem oft nur in homöopathischen Dosen vorhandenen Verständnis der schweizerischen Wirklichkeit stellen sie trotzig ein übersteigertes Verständnis für die unverstandene russische Seele entgegen.
Der finnische ESC-Beitrag mit dem Füdlimann dürfte am «Hirschen»-Stamm garantiert besser angekommen sein, denn da sieht sich der gemeine normale Mensch vielleicht besser gespiegelt.
Ruedi Widmer empfiehlt dem Berner Regierungsrat Philippe Müller (FDP, «ESC durch und durch korrupt»), 2025 als Baby Banana mitzusingen.