Was weiter geschah: Freisprüche für die «Pylos9»
Mehrere Stunden dauerte die Verhandlung, dann wurde die frohe Nachricht verkündet: Ein Gericht im südgriechischen Kalamata sprach die «Pylos9» von allen Anklagepunkten frei und stellte das Verfahren ein.
Den neun ägyptischen Männern im Alter zwischen zwanzig und vierzig Jahren waren unter anderem «Beihilfe zur illegalen Einreise», die «Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung» und die Verursachung einer Schiffskatastrophe vorgeworfen worden, bei der letzten Juni etwa 600 Flüchtende ertranken. Da sich die Tragödie in internationalen Gewässern ereignete und der Kutter auf dem Weg nach Italien war, erklärte sich das dreiköpfige Gremium für nicht zuständig. Es folgte damit der Argumentation der Verteidigung, die im Anschluss von einem «grossen Sieg der Menschenrechte in Griechenland» sprach. Nach über elf Monaten in Haft kommen die Pylos9 bald frei.
So erfreulich der Entscheid ist: Pylos ist kein Einzelfall, das betonten auch die Unterstützer:innen der Angeklagten. In Griechenland sitzen laut Schätzungen derzeit 2000 Geflüchtete als vermeintliche «Schlepper» im Gefängnis – die zweitgrösste Gruppe an Häftlingen überhaupt. Diese Kriminalisierung Schutzsuchender hat auch in anderen europäischen Ländern System, etwa in Italien und Malta. Es ist nur eine in einer ganzen Reihe menschenverachtender Massnahmen, die abschrecken und die Flucht nach Europa erschweren sollen.
Mit der Einstellung in Kalamata richten sich nun alle Augen auf die Strafanzeige von rund fünfzig Überlebenden der Schiffskatastrophe gegen die Küstenwache. Laut übereinstimmenden Berichten von Medien und Zeug:innen habe sie die Tragödie im Ionischen Meer herbeigeführt, als sie versucht habe, das Schiff abzuschleppen. Die Anzeige liegt derzeit beim Marinegericht von Piräus.
Nachtrag zum Artikel «Die Sündenböcke von Pylos» in WOZ Nr. 20/24.