Film: Narziss mit Mondkette

Nr. 24 –

Filmstill aus «Les histoires d’amour de Liv S.»
«Les histoires d’amour de Liv S.». Regie: Anna Luif. Schweiz 2023. Jetzt im Kino.

Kaum eine Liebesgeschichte kommt um sie herum: die Frage, warum zwei Liebende nicht einfach zusammen glücklich sein können. Nach Antworten sucht auch die Protagonistin aus Anna Luifs neuem Film «Les histoires d’amour de Liv S.». Um zu verstehen, warum ihre Beziehung im Scheitern begriffen ist, reflektiert Liv (Agnès Delachair) ihre verflossenen Liebschaften. Erste Liebe, erster Betrug, eine Seelenverwandtschaft, ein eingeschlafenes Sexleben, eine Amour fou und dann doch eigentlich der Richtige – «sieht aus wie Bob Dylan und spricht wie Rimbaud». Warum können die beiden also nicht einfach glücklich sein?

Ästhetisch ist jedenfalls alles perfekt in der Filmwelt von Anna Luif. Farbpalette: Grün, Türkis, Orange. Zürich, nicht Paris. Dafür meist sonnenbeschienen und so gefilmt (Kamera: Timon Schäppi), dass See, Parks und Cafés auch anderswo sein könnten. Und gesprochen wird trotzdem in der Sprache der Liebe – pourquoi pas. Liv selbst ist eine hoffnungslose Romantikerin, scheint allerdings besessen zu sein davon, der Liebe eine Logik abzutrotzen. Jede Beziehung ist dabei Teil eines Erkenntnisprozesses. Mal ist das charmant, wenn mittendrin «The End» ausgerufen wird, obwohl klar ist, dass es das noch nicht gewesen sein kann. Mal eher plump, wenn eine Gruppe Mädchen Liv eine Mondkette schenkt – als Ersatz für eine Mondkrone, die zerbrach, als die jugendliche Liv erleben musste, wie der Vater die Träume der Mutter in Brand setzte.

Luifs Antwort auf die ewige Frage scheint in einer Art Selbstfindungsprozess zu liegen: Wer den eigenen Knacks nicht ausbuchstabieren kann, ist nicht beziehungsfähig. Schön und gut, aber Liv S. gleicht eher einer Narzissgestalt, die im eigenen Spiegelbild badet. Ihre Geliebten erscheinen wie Stereotype eines Hollywood-Datingspektrums, bilden verschiedene Bedürfnisse der Protagonistin ab. Parodie auf eine von toxischen Beziehungsidealen und Hobbypsycholog:innen zerfressene Datingkultur, in der alle nur mit sich selbst beschäftigt sind? Dafür gibt der Film wenig Anhaltspunkte.