Zeitschrift: Wer wandelt eigentlich das Klima?

Nr. 25 –

Cover des Widerspruch-Heft «Postwachstum – Leben über den Verhältnissen?»
«Widerspruch. Beiträge zu sozialistischer Politik». Nr. 82: «Postwachstum – Leben über den Verhältnissen?». Zürich 2024. 208 Seiten. 27 Franken.

«Postwachstum – Leben über den Verhältnissen?» lautet der Titel der jüngsten Nummer des «Widerspruch», wobei die darin enthaltene Frage eine rhetorische ist: Die globalen CO₂-Emissionen steigen immer noch Jahr für Jahr an, trotz verheerender Folgen für die Bewohnbarkeit der Erde. Wie liesse sich aber ein Umbau hin zu Postwachstumsgesellschaften bewerkstelligen?

Ohne soziale Umwälzungen werde das nicht gehen, so der Ökonom und Soziologe Michael Graff in seinem Beitrag. Haupthindernis dabei seien die «kapitalistischen Eigentumsverhältnisse»: Die Konkurrenz zwinge zur «maximalen Ausbeutung nicht nur der Ware Arbeitskraft, sondern auch der natürlichen Ressourcen». Dagegen müsse eine Degrowth-Politik die «Abschaffung ökologisch schädlicher und gesellschaftlich überflüssiger Produktion» (also etwa die von SUVs oder Waffen) forcieren und den Fokus «weg vom Tauschwert und hin auf den Gebrauchswert» richten.

Graff räumt aber ein, dass unklar ist, welches Subjekt dies durchsetzen soll. Auch John Bellamy Foster wird hier nicht konkreter. Trotzdem ist Arman Spéths Interview mit dem renommierten US-Theoretiker aufschlussreich: Foster betont etwa, dass der Begriff «Degrowth» zwar erst seit kurzem gängig ist, die Idee jedoch, die Produktion durch Planung neu zu ordnen und auf Bedürfnisbefriedigung (statt Profitmaximierung) auszurichten, bereits in den Siebzigern diskutiert wurde. Hier liesse sich mittlerweile Vergessenes womöglich neu entdecken. Interessant ist zudem seine Kritik am japanischen Philosophen Kohei Saito, der jüngst Furore machte.

Christoph Keller polemisiert derweil gegen die «zirkulierenden Worthülsen» im Slogan «System Change not Climate Change»: Die abstrakte Rede vom «Klimawandel» lasse die Verursacher der Katastrophe – «die fossile Industrie, die Banken und Regierungen» – aus dem Blick geraten. Neben dem Schwerpunkt versammelt das Heft lesenswerte Beiträge etwa zur ukrainischen Gewerkschaftsbewegung oder zur Pflegekrise.