Vorläufig Aufgenommene II: Warten aufs Stipendium
«Ein Riesenerfolg!», frohlockte Domenik Ledergerber, Präsident der SVP des Kantons Zürich, am vergangenen Sonntagabend. Was ihn so euphorisch stimmte? Die Tatsache, dass vorläufig aufgenommene Geflüchtete weiterhin erst nach fünf Jahren Wartefrist Stipendien überhaupt beantragen dürfen.
Über 54 Prozent der Stimmenden im Kanton wollen nicht, dass Personen mit Status F frühzeitig eine Ausbildung machen können – obwohl von einer Verkürzung der Wartefrist nicht nur die Geflüchteten selbst, sondern auch die Wirtschaft, das Gewerbe und die Gemeinden profitieren würden. Mit einer abgeschlossenen Ausbildung können junge Geflüchtete eher ihr Leben selber finanzieren und Steuern bezahlen – für viele Gemeinden wäre das eine Entlastung. Das war wohl auch der Hauptgrund dafür, dass ausser SVP und FDP alle grösseren Parteien die Vorlage zu einer Änderung des Bildungsgesetzes mittrugen.
Doch die xenophobe Gegenkampagne der SVP scheint gewirkt zu haben – vor allem auf dem Land. Derweil in den städtischen Gebieten die Ja-Stimmen deutlich überwogen, stimmten fast alle ländlichen Gemeinden mehr oder weniger deutlich gegen die Vorlage – ausser Regensberg, wo man sich mit dem lokalen Gewerbe um Ausbildungsplätze für geflüchtete Jugendliche bemüht.
Damit reiht sich der Kanton Zürich in Sachen Weltoffenheit weit hinten in der Liste der Kantone ein. In Basel-Stadt, Genf, der Waadt, Solothurn, Graubünden, Thurgau, Zug, sogar im konservativen Schwyz sowie neuerdings auch im Kanton Bern können vorläufig Aufgenommene bereits heute früher und teils ganz ohne Wartefristen Stipendien beantragen. Dies, nachdem sich Bund und Kantone mit der «Integrationsagenda Schweiz» 2019 dazu verpflichtet haben, die berufliche und soziale Integration von Personen mit Status F zu fördern.
Die Zürcher SVP hingegen scheint es in ihrer menschen- und gewerbefeindlichen Denkweise lieber zu sehen, wenn Geflüchtete so lange wie möglich auf Sozialhilfe angewiesen sind. Und die FDP? Scheint sich für dieses Thema offenbar nicht mal zu interessieren.