Ausschaffungshaft: Hungerstreik gegen systemische Missstände
Vor zehn Tagen sind im Ausschaffungsgefängnis Bässlergut sechs Personen in den Hungerstreik getreten. Sie protestieren damit gegen die Zustände im Basler Gefängnis und gegen das Schweizer Migrationsregime. Das Schweizer Recht erlaubt es, abgewiesene Asylsuchende und Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung für bis zu achtzehn Monate in Ausschaffungshaft zu nehmen – ohne dass diese straffällig geworden wären.
«Ich bin kein Krimineller, ich habe einfach keine Papiere», sagt Ali am Telefon. Seit drei Monaten ist er im Bässlergut inhaftiert – eben wurde die Haft um drei weitere Monate verlängert. Allen Streikenden droht die Rückführung in ihre Herkunftsländer. Eine solche erfolgt meist ohne Vorankündigung mitten in der Nacht. Oder auch gar nicht, wenn die zwangsweise Rückführung nicht möglich ist. «Deshalb machen die Behörden massiven Druck auf uns», sagt Ali, der nur seinen Vornamen in der Zeitung lesen möchte. Sie wollten damit erreichen, dass die Menschen kooperieren oder von sich aus ausreisen.
Die Ungewissheit mache die Betroffenen krank, sagt die Asylaktivistin Anni Lanz, die regelmässig Besuche im Bässlergut macht. «Moralische Folter» nennen das Ali und seine Mitstreikenden. Sie beklagen zudem rassistische Schikanen und verwehrte medizinische Behandlungen. Zudem werde schnell und oft Isolationshaft verhängt. Gemäss Aussagen einer weiteren Aktivistin wurde eine Person zuletzt vier Wochen lang während 23 Stunden pro Tag in ihrer Zelle eingesperrt. Nachdem sie Besuch empfangen hätten, so die Aktivistin, müssten sich die Ausschaffungshäftlinge jeweils nackt ausziehen und durchsuchen lassen.
Was die Zustände angeht, sei das Bässlergut kein Einzelfall, sagt Anni Lanz. «Das Bässlergut ist nicht schlechter als viele andere Ausschaffungsgefängnisse.» Das Problem sei das brutale Migrationssystem der Schweiz, das für Zustände wie jene im Bässlergut sorge.
Ali und seine Mitstreiter wollen mit ihrem Hungerstreik weitermachen: «Wir wollen endlich wie Menschen behandelt werden.» Bisher sei das nicht der Fall: «Niemanden kümmert es, wie es uns hier drin geht.»
Nachtrag vom 13. Februar 2025: Erneuter Hungerstreik im Bässlergut
Seit dem 1. Februar findet im Basler Bässlergut erneut ein Hungerstreik statt. Sechs Personen verweigern die Aufnahme fester Nahrung. Bereits im November war es im Ausschaffungsgefängnis zu einem Hungerstreik von Inhaftierten gekommen. Wie damals kritisieren die Streikenden auch dieses Mal die Zustände im Gefängnis sowie das Schweizer Migrationsregime. Sie machen damit auf strukturelle Missstände aufmerksam, die weit über das Gefängnis Bässlergut hinausreichen.
Miserable Zustände in Schweizer Gefängnissen sind keine Ausnahme. Die notorische Überbelegung wurde vom Antifolterkomitee des Europarats wiederholt stark kritisiert – zuletzt vor wenigen Wochen. Untersuchungen zeigen, dass Überbelegung zu mehr Suizidversuchen führt. Tatsächlich ist die Suizidrate in Schweizer Gefängnissen rund viermal höher als im europäischen Durchschnitt. Erst vergangene Woche nahm sich allem Anschein nach ein junger Geflüchteter im Berner Regionalgefängnis das Leben.
Die Brutalität der Schweizer Asylpolitik ist strukturell. Zahlreiche Schutzsuchende werden illegalisiert. Gleichzeitig erlaubt es das Schweizer Recht, Illegalisierte bis zu achtzehn Monate lang ins Gefängnis zu stecken, ohne dass sie eine Straftat begangen haben. Diese sogenannte ausländerrechtliche Administrativhaft soll der Sicherstellung der Ausschaffung dienen. Sie wird zu Recht als willkürlich und menschenrechtlich unhaltbar kritisiert. Manche Kantone inhaftieren sogar Minderjährige. Jährlich sind Tausende Menschen betroffen, mit gravierenden Folgen: Neben den Haftbedingungen belasten die drohende Ausschaffung, ständige Ungewissheit und die daraus entstehenden existenziellen Ängste ihre Gesundheit.
Derzeit nimmt die Zahl der Ausschaffungen stark zu. SP-Bundesrat Beat Jans präsentiert das stolz als Erfolg. Auch sonst kommen aus der Politik keine hoffnungsvollen Signale, vielmehr droht eine weitere Verschärfung der Situation vieler Geflüchteter. Dagegen braucht es Widerstand – innerhalb und ausserhalb der Gefängnisse.