Leser:innenbriefe

Justiz für politische Zwecke
«Rechtsextremismus in Deutschland: Höchste Zeit», WOZ Nr. 48/24
Der Beitrag vernachlässigt die entscheidenden Fragen eines Parteiverbots. Das Bundesverfassungsgericht kann eine Partei nur verbieten, wenn sie darauf abzielt, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Das ist der Fall, wenn sie gegen die Menschenwürde und das Demokratieprinzip agiert.
Im Mai 2024 bestätigte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, dass der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall beobachten darf, da konkrete Hinweise auf Aktivitäten vorlägen, die gegen die demokratische Grundordnung gerichtet seien. Diese Begründung stützt sich auf zahlreiche Äusserungen von Parteimitgliedern, vor allem von Björn Höcke.
Am 27. November reichten siebzehn Rechtswissenschaftler beim Bundestag eine Stellungnahme ein, die das Parlament auffordert, einen Verbotsantrag zu stellen. Auch diese Stellungnahme basiert auf Äusserungen einzelner AfD-Politiker im Bund und in den Ländern. Ob solche Äusserungen ausreichen, um die Partei insgesamt zu verbieten, bleibt fraglich. Der Verfassungsrechtler Christoph Möllers erklärte gegenüber «Legal Tribune Online», dass die Erfolgsaussichten mit dem aktuellen Wissensstand unklar seien. Er vertrat den Bundesrat im zweiten NPD-Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht und kennt daher die hohen Hürden für ein Verbot. Die ungewissen Erfolgsaussichten sind auch der Grund, warum es im Bundestag derzeit keine Mehrheit für den Antrag von Marco Wanderwitz und seinen Unterstützern gibt.
Deshalb ist es müssig, über eine Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht als Chance für einen Kurswechsel im Umgang mit der AfD zu spekulieren. In einem Rechtsstaat ist es keine Option, ein Verbotsverfahren mit unklaren Erfolgsaussichten gegen die AfD einzuleiten, nur um ihre «Amtsträger:innen» unter Druck zu setzen. Es schadet der Demokratie, in solchen Fällen die Justiz für politische Zwecke einzuspannen.
Ralf Jelinek, per E-Mail
Kapitulieren?
«Klimakollaps: ‹Die Arschlochgesellschaft feiert gerade ihr Coming-out›», WOZ Nr. 47/24
Es gibt Tage, an denen ich mich frage, ob es eine gute Idee der Evolution war, uns von den Bäumen herunterzuholen. Wir Menschen haben eine Welt erschaffen, die wir nicht mehr verstehen, die uns immer mehr entfremdet. Geprägt von Orientierungslosigkeit, Resignation und Einsamkeit. Eine Welt, die sich anfühlt wie ein Mantel, der nicht wärmt.
Richard Knecht, Glarus
Mit Interesse habe ich das Interview mit Tadzio Müller gelesen. Darum geht es in diesem Leserinnenbrief aber nicht. Sondern um das Porträt, das das Interview bebilderte: Kippe im Mund, Rauchschwaden um den Kopf. Die Tabaklobby hat erfolgreich darauf hingearbeitet, dass das Zigarettenrauchen der Höhepunkt von Coolness ist. Die halbe Popkultur lebt in dicken Rauchschwaden. Rauchen ist schädlich, schon klar, wissen alle. Aber die Tabaklobby so unverblümt gewinnen lassen und ihr eine knappe halbe Seite gratis zur Verfügung stellen – da wundere ich mich sehr, milde geschrieben.
Carmen Schoder, per E-Mail
Aus dem Herzen
«Kost und Logis: Egal ob du Hühner hältst», WOZ Nr. 48/24
Zum wiederholten Mal spricht mir Bettina Dyttrich mit ihren Gedanken aus dem Herzen und findet aber den schönen positiven Dreh am Ende, der gutgetan hat! Vielen Dank!
Brigitte Koller, per E-Mail
Ironie
«Diesseits von Gut und Böse: Boshaft oder nur blöd?», WOZ Nr. 48/24
Genial! Der Staat beteiligt sich an der Beerdigung der fossilen Mobilität, indem er die Installation aus dem Fegefeuer erlöst und ins Jenseits befördert. Mehr Symbolik geht nicht. Schade um die Kunst und die Idee, aber gut für die Liebhaberinnen von Ironie.
Andreas Venakis, per E-Mail