Deepfake-Video: Glarner droht Strafverfolgung

Nr. 19 –

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Der Aargauer Nationalrat Andreas Glarner zeichnet sich durch zwei in der Kombination äusserst unsympathische Eigenschaften aus: Er ist empfindlich, was Kritik an der eigenen Person angeht – und hetzt selber rücksichtslos. Glarner stellt gerne Leute öffentlich bloss: etwa eine Lehrerin, die einem muslimischen Schüler einen Feiertag gewährte. Deren Telefonnummer veröffentlichte der Politiker auf Facebook. Als der Zürcher Journalist Hansi Voigt Glarner einst in einem Tweet als «Gaga-Rechtsextremisten» bezeichnete, klagte der Präsident der Aargauer SVP dagegen. Mit dem erfreulichen Ergebnis, dass er nun – zumindest bis zum Bundesgerichtsentscheid – als das bezeichnet werden darf, was er ist.

Nun droht Glarner selbst Strafverfolgung: Die Immunitätskommission des Nationalrats will seine Immunität aufheben. Dies aufgrund einer Klage der Basler Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan, die er auch schon öffentlich als «Arschlan» beschimpfte. Im Wahlkampf 2023 hatte Glarner bei der SVP-nahen Werbeagentur Goal ein Deepfake-Video in Auftrag gegeben, in dem Arslan vermeintlich Werbung für die SVP und deren Ausschaffungspraxis machte. Der Entscheid der Kommission ist aus zwei Gründen bemerkenswert: Erstens hat das Parlament bislang Anträge auf Aufhebung der Immunität von Parlamentarier:innen in den allermeisten Fällen abgelehnt. Zweitens könnte der Fall zum Präzedenzfall werden: Seit 2023 kennt die Schweiz ein Gesetz zum Schutz vor Identitätsmissbrauch – ein Strafartikel, der insbesondere wegen der zunehmenden Möglichkeiten von KI geschaffen wurde.

Die Causa Glarner bringt erstmals die Frage auf den Tisch, bis wann Deepfake-Videos im politischen Wahlkampf bloss schlechter Stil und ab wann sie strafbar sind. Der neue Gesetzesartikel hält dazu fest: immer dann, wenn die Identität einer anderen Person ohne deren Einwilligung verwendet wird, um dieser zu schaden.

Ob die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten im Fall tatsächlich tätig werden darf, darüber muss allerdings am 27. Juni auch noch die Rechtskommission des Ständerats befinden.