Was weiter geschah: YB verpasste Noa Schärz einen Maulkorb

Nr. 32 –

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Die Fussball-Europameisterschaft ist vorbei, ein paar Nachwehen punkto Frauenfussball bleiben: So sagte Noa Schärz kürzlich gegenüber der «taz», dass sie ihre Profikarriere bei Meister YB beendet habe, weil sie das Gefühl habe, «im Spitzensport nicht mehr am richtigen Ort zu sein» – aber auch wegen des Umgangs ihres Vereins mit einer Interviewreihe in der WOZ.

In vier Gesprächen hatte die 25-Jährige aus ihrem Leben als Fussballspielerin erzählt und Arbeitsbedingungen geschildert, die denjenigen der überwiegenden Mehrheit der Profifussballerinnen in der Schweiz ähneln dürften: etwa, dass das Frauenteam in der Platzzuteilung vereinsintern nach den Juniorenteams rangiere oder dass es mit Sammelaktionen selber für einen eigenen Kraftraum aufgekommen sei. Schärz nannte auch ihren Lohn: 2500 Franken brutto pro Monat – innerhalb der Liga einer der wohl besten Löhne. Es mache sie wütend, dass ein Mann auf ihrer Position mit ähnlichen Qualitäten und gleich vielen Trainings das Zehnfache verdiene.

Man weiss um das eklatante Lohngefälle im Fussball – Schärz bezifferte es bloss. Das hatte Folgen: Einige Spielerinnen seien ihr dankbar gewesen, diese Zahl mal gehört zu haben, sagte sie gegenüber der «taz». YB aber reagierte pimpelig. In einem Gespräch legte der Klub Schärz nahe, sich «nicht öffentlich politisch zu äussern». Das habe sie sehr wütend gemacht, sagte Schärz, auch wenn sie YB ein Stück weit verstehen könne – der Verein sei auch nur Teil dieses Systems. Dieses System, das heisst: abhängig von Aufmerksamkeit, Sponsoring, Geld.

Sie wünsche sich, sagte Schärz, dass der Frauenfussball in Richtung gleiche Löhne und gleiche Bedingungen für alle gehe, gleichzeitig sei es eine unschöne Vorstellung, dass er so kommerzialisiert werde wie bei den Männern. Es ist schade: Der professionelle Frauenfussball hat eine Spielerin verloren, die sich politisch und klug mit ihrem Metier auseinandersetzt. Dabei kann er kritische Köpfe besser brauchen als mutlose Maulkörbe, gerade wenn er in den nächsten Jahren – hoffentlich – wächst.

Nachtrag zu den Artikeln «Durch den Monat mit Noa Schärz» in WOZ Nr. 23–26/25 und «Frauenfussball: Weitertschutten» in WOZ Nr. 29/25.