Pop: Reissleine zum Glück

Auch so ein schwieriges Wort: Durchbruch. Was genau soll da durchbrochen werden? Und wen kümmerts, ob vielleicht auch etwas kaputtgeht dabei?
Die Forth Wanderers, gegründet von vier College-Jungs in New Jersey, waren schon einmal auf dem besten Weg dazu. Mit ihrem ersten Album beim illustren Sub-Pop-Label war die Band auf dem Sprung zur ersten grossen US-Tournee – doch vier Tage vor Tourstart zog Sängerin Ava Trilling die Notbremse und liess ihre vier Kollegen konsterniert zurück. Zu gross war der psychische Druck für sie, zu gross ihre Angst vor neuen Panikattacken, die sie schon früher bei Konzerten heimgesucht hatten.
Im Normalfall zerbricht eine Band an so etwas. Oder sie wechselt die Sängerin aus. Und die Forth Wanderers? Sieben Jahre später sind sie jetzt wieder da, immer noch in der genau gleichen Besetzung wie damals und mit einem schlanken neuen Album, das auf gerade mal 28 Minuten etwas ausstrahlt, was man bei dieser Vorgeschichte nicht unbedingt erwarten würde: unwiderstehliche Lässigkeit.
Die Gitarren brettern selten einfach drauflos, trudeln lieber irgendwie vorwitzig durch die Strophen. Die Songs sind kürzer und dichter geworden, kaum einer kommt auf drei Minuten, in einer verstrahlten Jazzballade meldet sich nach Tempowechsel plötzlich eine Surfgitarre. Nur der Gesang von Ava Trilling bleibt stets traumwandlerisch cool – auch dort, wo Vergangenheitsbewältigung angesagt ist. «Pull me up, I’d rather we lie down / Move my tongue so I can make a sound», heisst es im untypisch lärmigen «To Know Me / To Love Me» gleich zu Beginn. Später singt sie von lähmender Müdigkeit, von Bewegungen, die zähflüssig werden wie Honig, von «7 Months», die sie einfach verpasst habe, wie ausgeknockt.
Was für ein Glück, dass sie den sogenannten Durchbruch aus Sorge um ihre Gesundheit damals rechtzeitig ausgebremst hat. Nichts ist kaputtgegangen in dieser Band, sie klingt reifer, ausgefuchster, dabei so unverkrampft wie zuvor. Eine Tour oder nur ein paar Konzerte? Sind derzeit nicht geplant.