Wichtig zu wissen: Geben wir uns die Kugel
Ruedi Widmer über den leider wertlosesten Schweizer Wert
Wir haben unsere Schweizer Eigenmietwerte verraten – und es hört nicht auf.
«Sicher nicht weltbewegend, aber …»: Eher verschämt vermeldete «Inside Paradeplatz», dass Ende Oktober die allererste Silberkugel-Filiale Bleicherweg im Hochhaus Zur Palme in Zürich schliesse. Diese Filiale brachte 1962 Herrn und Frau Schweizer zum ersten Mal die amerikanische Hamburgerkultur näher. Mövenpick-Gründer Ueli Prager brachte das Konzept aus den damals bewunderten ehemaligen USA in die Schweiz. Mit ihren runden Fenstern war die Silberkugel einst hochmodern und fast futuristisch. Es gab in der Schweiz viele Filialen. Seit vorgestern ist es nur noch eine einzige in Zürich (Oerlikon). Im Gegensatz zu den heute von der Kundin per Screen selber bedienten Filialen (Eigenbestellungswert) der US-Ketten McDonald’s und Burger King wird man in der Silberkugel bis zum Schluss warmherzig von Menschen betreut, unter anderem von Maria Huber, die die Ankommenden bis 2024 noch persönlich begrüsste. 42 Jahre lang, bis sie 85 war. Die «Siku» ist auch beliebt wegen des Kabissalats, der in den Silber-Beefy kommt.
Geht alle noch in die letzte Silberkugel an der Franklinstrasse in Zürich Oerlikon!
Ich habe eine besondere Beziehung zur Silberkugel. In der «Kunsti» Ende der Achtziger gingen wir oft in die Filiale Limmatstrasse. Auch den WOZ-Kolumnisten Stefan Gärtner konnte ich vor Jahren für die Silberkugel begeistern. Damals hatte ich mein Grafikatelier in der Nähe der Filiale Stampfenbachplatz. Und der Illustrator Sämi Jordi gehört seit Jahrzehnten zum Silberkugel-Kult, und wir gehen zusammen regelmässig in die «Siku». Immer schwang natürlich eine für die neunziger und nuller Jahre übliche leichte Ironie mit, denn wer sich täglich in der Silberkugel ernähren würde, wäre sicher auch nicht wahnsinnig gesund, aber doch niemals so krank, wie es der 2024 mit 53 Jahren verstorbene Hauptdarsteller des Films «Super Size Me», Morgan Spurlock, wurde, der sich in diesem Experiment dreissig Tage nur noch von McDonald’s ernähren liess und dabei schon vor Tag zwanzig gesundheitlich derart angeschlagen war, dass ihm die begleitenden Ärzt:innen vom Weitermachen dringendst abrieten.
Der Arzt stellte bei mir erhöhte Eigenmietwerte fest.
Auf jeden Fall hat die von Sämi und mir seit circa fünfzehn Jahren betriebene leicht anarchistische Facebook-Gruppe «Rettet die Silberkugel!» mit 123 Mitgliedern mehr Mitglieder als die Gruppe «Silberkugel Restaurant (Official)», die mit 31 Mitgliedern glänzt.
Der Todeskampf der «Kugel» ist legendär und zieht sich schon über zwanzig Jahre hin. Ich hatte zeitweise wegen unserer topbegeisterten Facebook-Gruppe Kontakt mit der darüber erstaunten Besitzerin, einer eher verschwiegenen Familie. Vor etwa zwölf Jahren signalisierte sie, wenn wir für Silberkugeln geeignete Liegenschaften kennen würden (etwa in Winterthur), sollten wir uns melden.
Wahrscheinlich konnte die Silberkugel die Miete in der «Palme» nicht mehr bezahlen (Fremdmietwert).
Unser Ziel von «Rettet die Silberkugel!» war eigentlich, die «Siku»-Marke langfristig zu sichern und bei einem harten Kern populär zu halten, um sie irgendwann zu kaufen oder geschenkt zu bekommen und die Kette neu zu lancieren, so ähnlich, wie das bei Vivi Kola gelungen ist. Ich bin hundert Prozent davon überzeugt, dass die Silberkugel gerade jetzt, wo US-Multis wie Starbucks wegziehen und die Leute die Nase von den USA voll haben, eine goldene Zukunft hätte! Denn der Burger wird als einziger Eigen-US-Wert bei uns überleben.
Leider bin ich nicht im Gastrobusiness, um die Neue Silberkugel GmbH selber zu gründen. Aber als ideeller Guru und Werbefigur und Witzzeichner (für allerlei Kabis) stelle ich mich gerne als Partner zur Verfügung (hoher Eigenwerbewert).
Ruedi Widmer spielt mit der Silberkugel und passt fest auf, dass sie nicht in den Brunnen fällt.