Pop: Freie Geister, klare Form

Im Kern ist das ein Trio um den Zürcher Gitarristen Anatole Buccella, der seine Jazzwurzeln in Minimalgärten und Postrocklauben wuchern lässt. Sein Sound ist so crisp klirrend wie ein gefrorener Brombeerstrauch, seine Kompositionen tauen die Pflanzen wieder auf.

Das dritte Album des Trios lädt nun allerlei Gäste in den Garten, etwa den Mundartrapper Knackeboul, der hier wohl erstmals über einen ungeraden Beat statt einen Vierviertel spuckt, den Meisterpianisten der Swiss Minimal Music, Nik Bärtsch, und das Trio Tie Drei, dessen drei Frauen einmal Gesang und zweimal Streicher, Hörner und zusätzlichen Bass mitbringen. Es ist immer etwas anderes los auf den zehn Stücken – mal rockiger, mal freier, mal mathematischer, mal karibischer –, und doch ist da immer diese gut eingespielte Band und ihr klarer Livesound, der auch im Studio hörbar bleibt. Die Band, neben Gitarrist Buccella der Bassist Pino Zortea und der Drummer Samir Böhringer, sowie die Songs garantieren, dass nichts zerfasert und die Features als Reichtum wirken statt als ein Zuviel.

Das Album lag bereits im August auf dem Tisch und lief bei der Arbeit, beim Wiederhören macht es jetzt sogar noch mehr Spass (oft ist es ja eher umgekehrt). Woran das liegen könnte? Vielleicht weil es ein Album ist, das eine offene Balance findet zwischen Stücken, die zwar die Aufmerksamkeit ansprechen, aber nicht derart beeindrucken wollen, dass sie zu atmen vergessen. So gibt es in der Form noch immer mehr als genug Platz für den freien Geist, konkret auch für freie Geister und in diesem Kontext überraschende Stimmen, eben Knackeboul und auch den französischen Gesang von Hannah Adriana Müller von Tie Drei, die auf «Coincé dans un souvenir» zwischen Chanson und brasilianischem Pop der sechziger Jahre changiert.

Man möchte das Album sofort live sehen. Wer holt das nächste Getränk?

 Luzern Neubad, Mo, 3. Dezember 2025; Basel Bird’s Eye, Sa, 8. Dezember 2025.