Apec-Konferenz: Ostasien und die Angst der USA: Zelebrierter Einklang

Als grossen Erfolg feiern die USA die «Erklärung gegen den Terror» an der Apec-Konferenz in Schanghai. Doch hinter den Kulissen sieht es anders aus.

Von Wirtschaft war am Jahrestreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (Apec) wenig die Rede. Dafür umso mehr von Politik. Die USA setzten im Vorfeld und während des Gipfels alle Hebel in Bewegung, um die «Allianz gegen den Terror» zu erweitern. US-Aussenminister Colin Powell schlüpfte in die Doppelrolle eines Krisenmanagers und Quartiermeisters. Vor seinem Eintreffen in der chinesischen Metropole band er Pakistan und Indien in die «Antiterrorkoalition» ein und vermittelte im Kaschmirkonflikt.

Am Treffen selbst brachte er die 21 Staats- und Regierungschefs dazu, eine «Gemeinsame Erklärung gegen den Terror» zu unterzeichnen. Offiziell gilt dies als Erfolg. Doch hinter den Kulissen gärt es. Insbesondere das Verhältnis Washingtons zu den drei vorwiegend muslimischen Ländern der Apec – Indonesien, Malaysia und Brunei – ist gespannter, als es vordergründig aussieht. Deren Regierungen befürchten innenpolitische Probleme, sollten die Militäraktionen der USA und Britanniens gegen Afghanistan bis Mitte November, dem Beginn des Fastenmonats Ramadan, andauern. Südostasiens gewieftester Politiker, der malaysische Premier Mohamad Mahatir, störte den zelebrierten Einklang mit einem schrillen Misston, indem er die US-Kriegsführung öffentlich kritisierte – obwohl er selbst die Terrorismus-Debatte gerne für seinen repressiven Kurs im Innern instrumentalisiert. Malaysia und Indonesien vermochten auch durchzusetzen, dass Usama Bin Laden in der Erklärung nicht namentlich erwähnt wurde.

Gegenseitiges Einvernehmen demonstrierten der US-Präsident George W. Bush und der chinesische Staatschef Jiang Zemin. Der Anschluss Chinas an die «Antiterrorkoalition» dürfte sich nicht nur finanziell auszahlen, sondern auch zur Lockerung noch bestehender Wirtschaftssanktionen führen. Und das Postulat der Wahrung der Menschenrechte ist jetzt der Realpolitik untergeordnet. Vor diesem ersten persönlichen Zusammentreffen von Bush und Jiang Zemin war noch wenig von einem solchen Einvernehmen zu spüren gewesen. In der ersten Jahreshälfte war das Verhältnis der beiden Länder auf einem Tiefpunkt angelangt – und das nicht nur durch die erzwungene Landung eines amerikanischen Spionageflugzeuges auf der Insel Hainan im April. China war in Washington noch in den ersten Wochen von Bushs Amtszeit als «strategischer Feind» bezeichnet worden. Jiang Zemin fuhr dann am 24. Mai eine Retourkutsche. Bush, so Jiang anlässlich einer Sondersitzung von Politbüromitgliedern und aussenpolitischen Experten des Landes über nationale Sicherheitsbelange, sei «konfus, prinzipienlos und töricht bis zum Äussersten».

Das Pentagon geht davon aus, dass den USA und dem Weltfrieden langfristig aus dem Osten Asiens Gefahren drohen. In Bushs erstem «Defense Review Report» – der Bericht erscheint alle vier Jahre und skizziert die militärstrategischen Grundlinien der US-Regierung – liegt der Fokus in Asien und dem pazifischen Raum. Der Hongkonger Wochenzeitschrift «Far Eastern Economic Review» vom 18. Oktober erklärte der Oberbefehlshaber des Pazifik-Kommandos der USA, Admiral Dennis C. Blair: «In der Vergangenheit waren die ‘Big Three’-Regionen stets Europa, Südwestasien und Ostasien, und zwar in dieser Reihenfolge. Jetzt aber rückt Ostasien an die erste Stelle, gefolgt von Südwestasien und letztlich Europa» – wobei er mit Südwestasien den Golf, Afghanistan und Zentralasien meint.

Dreh- und Angelpunkt militärischer Operationen soll die US-Pazifikinsel Guam werden. In der Hauptstadt Agana existiert bereits ein grosser Luftwaffenstützpunkt. Gleichzeitig wird den auf Okinawa, Japan, stationierten US-Verbänden eine grössere regionale Ordnungsfunktion zugewiesen. Zudem wollen die USA verstärkt auf die Einrichtungen befreundeter Staaten – gemeint sind vor allem Australien und die Philippinen – zurückgreifen und mit deren Armeen gemeinsame Manöver abhalten. Überdies sieht die «Defense Review» im Rahmen des Raketenabwehrsystems (MDS) eine Umrüstung von Unterseeboten vor: Da gemäss den Waffenkontrollabkommen atomare ballistische Raketen verschrottet werden sollen, ist deren Ersetzung durch Cruise-Missiles geplant.