Wohnungsnot in Italien: Campen gegen Mietwucher

Nr. 21 –

«Basta affitti insostenibili» – Schluss mit unhaltbaren Mieten. Das fordern Student:innen in Italien, die seit einigen Wochen vor ihren Hochschulen campieren. Ob in Rom, Mailand, Turin, Florenz, Bologna oder Cagliari: Überall haben sie ihre Zelte aufgeschlagen, um gegen die herrschende Wohnungsnot und überrissene Mieten zu protestieren. In nationalen Medien schilderten sie untragbare Situationen.

Zum Beispiel, dass sie jeden Tag bis zu vier Stunden Fahrt zwischen Wohnort und Campus zurücklegen müssen: weil sie in den Universitätsstädten keine Wohnung finden oder weil sie sich dort die Mieten – bis zu 600 oder gar 700 Euro für ein Zimmer – nicht leisten können. Ausgelöst hat die Proteste Ilaria Lamera, eine 23-jährige Studentin in Mailand. Sie zeltete Anfang Mai vor der Technischen Hochschule, weil sie es satthatte, jeden Tag aus der Provinz Bergamo herzupendeln.

Die Bewegung, die sich darauf über weite Landesteile ausbreitete, wirft ein Schlaglicht auf die Perspektivlosigkeit junger Italiener:innen: Auch die Wohnungsnot trägt dazu bei, dass der Anteil der Hochschulabsolvent:innen im Land gering ist. Nur 20 Prozent der 25- bis 64-Jährigen haben einen Hochschulabschluss, gegenüber 41 Prozent im OECD-Durchschnitt. Nach abgeschlossenem Studium ist es in Italien zudem äusserst schwierig, eine angemessene Stelle zu finden.

Nun fanden in Mailand erste Gespräche zwischen Stadtverwaltung, Vermietern und Studierenden statt, in Rom soll es Diskussionen mit Universitäten und der Region Latium geben. Und während Bildungsminister Giuseppe Valditara von der rechtsnationalen Lega die Wohnungsnot als Problem mitte-links regierter Städte abtat, suchte Universitätsministerin Anna Maria Bernini von der rechtspopulistischen Forza Italia immerhin den Austausch mit den Protestierenden.

Fraglich bleibt aber, wie es um die von ihr versprochenen 660 Millionen Euro für den Bau von Student:innenwohnungen aus dem europäischen Covid-Wiederaufbaufonds steht: Einen ersten entsprechenden Antrag zog die Regierung letzte Woche wieder zurück.