Oper: Klangmagie und Kolonialismus

Eine in Braunton gehaltene, kaum beleuchtete Drehbühne, manchmal bewegt sie sich im Gegenuhrzeigersinn, manchmal nicht. Sie verbreitet eine magische Grundstimmung, die zu dieser Oper bestens passt: «Das grosse Feuer» verhandelt die grossen Themen Sprache und Sprachlosigkeit. Bestes Medium dafür ist für den siebzigjährigen, in Schaffhausen geborenen und in Österreich lebenden Komponisten die Stimme. Er verwebt gesungene und geflüsterte Mikrotöne zu betörenden Klangschwärmen, um die dramaturgische Handlung rein musikalisch auszudrücken. So scheinen einzelne Klänge überraschend aus der Stille hervorzutreten und ebenso unerklärlich wieder zu verschwinden.
Das deutsch und spanisch geschriebene Libretto stammt vom Autor Thomas Stangl und basiert auf dem Roman «Eisejuaz» (1971) der argentinischen Journalistin Sara Gallardo. Darin berichtet sie in magisch-realistischer Manier über ihre Begegnung mit einem Indigenen gleichen Namens im abgeholzten Trockenwaldgebiet Chaco im Norden Argentiniens.
Eisejuaz verliert sich zwischen seiner Welt und der kapitalistischen Zivilisation der Kolonialisten: Als Sohn eines Schamanen versteht er die Gesänge von Hölzern und Tieren. Bei Missionaren arbeitete er für einen Hungerlohn, lernte dafür Lesen und Schreiben. Eine Gottesbegegnung bringt ihn dazu, aus Nächstenliebe den weissen, rassistischen Kleinkriminellen Paqui von der Strasse zu retten und zu pflegen, bis dieser ihn um Hab und Gut bringt. Eisejuaz flüchtet in den Urwald zurück, wo er unbeabsichtigt von Muchacha, einer jungen Angehörigen seines Stammes, zusammen mit Paqui vergiftet wird. Die Hoffnung stirbt zuletzt: Muchacha bekommt ein Kind.
Bei der Uraufführung waren für die magische musikalische Wirkung die zwei Hauptfiguren, der Bariton Leigh Melrose und der Bassbariton Andrew Moore, verantwortlich, meisterhaft sekundiert von der Sopranistin Sarah Aristidou und dem zwölfköpfigen Vokalensemble Cantando Admont aus Graz, dessen Mitglieder das Singen in Vierteltönen traumwandlerisch beherrschen.