Roger «Nzoy» Wilhelm : Alles ganz anders
Von wegen «Notwehr»: Eine Untersuchung der Rechercheagentur Border Forensics bringt die Waadtländer Polizei in Bedrängnis.
Roger «Nzoy» Wilhelm wurde am 30. August 2021 am Bahnhof Morges von Polizisten erschossen, nachdem er – wahrscheinlich in einer psychotischen Episode – auf den Gleisen umhergeirrt war. Er trug am Tag seines Todes ein Messer auf sich. Und das Narrativ des Messerangreifers, des gefährlichen Attentäters, gelangte schnell in die Welt. «Sein Messer war 26 Zentimeter lang», titelte etwa der «Blick», um die Gefährlichkeit des erschossenen Schwarzen Mannes zu betonen.
Das Messer – es steht nun auch im Zentrum eines Berichts von Border Forensics. Die Rechercheagentur hat den Tod von Nzoy während der letzten zwei Jahre akribisch untersucht und den Bericht am Montag gemeinsam mit der «Unabhängigen Kommission zur Aufklärung der Wahrheit über den Tod von Roger Nzoy Wilhelm» vorgestellt. Darin kommt sie zum Schluss: «Nzoy hatte im Moment, als der Polizist zum ersten Mal auf ihn geschossen hat, mit grösster Wahrscheinlichkeit kein Messer in der Hand.»