Mehr Realität im Bundeshaus

Eine der erfreulichsten Nachrichten vom zweiten Ständeratswahlgang am Wochenende kommt aus Solothurn und betrifft den Nationalrat: Weil der zweite Ständeratssitz des Kantons an Franziska Roth von der SP ging, ist die 31-jährige Farah Rumy überraschend in den Nationalrat nachgerutscht. Rumy ist links, weiblich, jung und migrantisch: Ihre Wahl stärkt also die Stimme unterschiedlicher Menschen, die im Schweizer Parlament krass untervertreten sind. 

Insbesondere für die vierzig Prozent der Bevölkerung, deren Biografie eine Migrationsgeschichte aufweist, ist die Zusammensetzung des Parlaments auch nach Rumys Wahl ein blanker Hohn. Im Nationalrat gibt es aktuell mehr Personen mit dem Vornamen Thomas als Personen mit einer Migrationsgeschichte. Politiker:innen wie die Neugewählten Farah Rumy, Islam Alijaj oder Hasan Candan, aber auch langjährige Parlamentarier:innen wie Sibel Arslan oder Tamara Funiciello werden paradoxerweise wegen der bestehenden Untervertretung immer wieder auf ihre Migrationsbiografie reduziert. Die Unterrepräsentation der migrantischen Schweiz legt aber vor allem ein grosses Demokratiedefizit des Landes offen: Die Herausforderungen der Migrationsgesellschaft finden nicht in dem Umfang Eingang in die Politik unseres Landes, wie sie die Menschen real beschäftigen. Migration wird nicht als Realität und wichtiger Teil der Identität des Landes gesehen, sondern als ein Problem, das reguliert und beschränkt werden muss. 

Farah Rumy kam 1999 im Alter von sechs Jahren zusammen mit ihren Eltern aus Sri Lanka in die Schweiz. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Pflegefachfrau und zur Pflegeberaterin. Vor ihrer Wahl in den Nationalrat sass sie zwei Jahre im solothurnischen Kantonsparlament und ist nun eine der jüngsten Parlamentarier:innen der beginnenden Legislatur. Die Grenchnerin ist Kopräsidentin der Sektion Aargau-Solothurn des Berufsverbands des Pflegefachpersonals und arbeitet aktuell als Lehrerin an der Berufsfachschule Gesundheit des Kantons Baselland. In ihrer Biografie zeigt sich, welches Potenzial in der migrantischen Realität der Schweiz steckt.

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Kommentare

Kommentar von Florian Müller

Mi., 22.11.2023 - 01:56

Ausländer-Stimm- und -Wahlrecht jetzt, dann gibt's automatisch mehr Realität im Bundeshaus.