SRG: Wie weiter nach Marchand?
Jede Gebührenabstimmung bringt neues Spitzenpersonal bei der SRG: Jetzt geht Generaldirektor Gilles Marchand, damit sich das Medienhaus gemäss heutiger Mitteilung «auf die politischen Ereignisse vorbereiten» kann, die 2026 mit der Halbierungsinitiative und 2027 mit den Verhandlungen über eine neue Konzession anstehen. Marchand war 2016 eingesetzt worden, um eine Strategie gegen die später deutlich gescheiterte No-Billag-Initiative zu entwickeln. Nun wiederholt der SRG-Verwaltungsrat das Manöver, sich vor der existenziell wichtigen Abstimmung mit dem Personalwechsel den Anschein der Erneuerung zu geben.
Marchands Stelle wird ausgeschrieben. Doch seit längerem kursieren in der kleinen Schweizer Medienwelt Gerüchte, dass die Thronfolge längst geregelt sei. Übernehmen soll demnach die jetzige SRF-Direktorin Nathalie Wappler, sie würde im SRG-Universum an die Spitze aufsteigen. Wapplers Stelle wiederum – und da wird die Geschichte interessant – soll für Patrik Müller reserviert sein, den jetzigen Super-Chefredaktor von CH Media. Müller, zwar wendig und mit gutem Gespür für die jeweilige Windrichtung, aber politisch eindeutig rechts positioniert, könnte der rechten Gegner:innenschaft des Medienkonzerns ein neues Versprechen geben: ein offeneres Ohr für deren Themen und Narrative.
Angst hat die SRG dabei weniger vor der radikalen Halbierungsinitiative, die die Radio- und TV-Gebühren auf 200 Franken senken will, als vor einem möglichen Gegenvorschlag des Parlaments, der eine empfindliche Kürzung mit sich bringen würde und eher mehrheitsfähig wäre.
Marchands Abgang bleibt für die Freund:innen einer starken SRG verschmerzbar. Er blieb gegen aussen blass, war ein schwacher SRG-Erklärer. Und inhaltlich setzte das Medienhaus unter ihm auf Provinzialisierung – auf ein Programm, geprägt von einem imaginierten Schweizbild, von Landfrauenküchen und Schwingfesten auf jeder Alp. Die Halbierungsinitiative sei eine «Attacke auf die Schweiz und ihre Vielfalt», sagte Marchand einmal. Das mag sein. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass vor allem das Flaggschiff SRF wenig Interesse zeigt, diese Vielfalt auch abzubilden, ohne sie bloss zu problematisieren.
Zwar gelang es Marchand, den Fiction-Bereich zu stärken, wo SRF («Tschugger») und RTS («Les Indociles») in den letzten Jahren hochklassige Eigenproduktionen hervorbrachten. Doch im journalistischen Kernbereich sank die Qualität. Journalist:innen wurden zu Contentlieferant:innen umfunktioniert, die eine stets wachsende Zahl an Kanälen mit Storyschnipseln bedienen müssen. Das klingt so fade, wie es im Resultat oft ist. Eine unverzichtbare, respektierte SRG braucht genau das Gegenteil: einen mutigen, eigenständigen, machtkritischen Journalismus. Leider wenig wahrscheinlich, dass in der Stellenanzeige für die Nachfolge von Gilles Marchand darauf Wert gelegt wird.