Propalästinensische Demonstrant:innen haben vergangene Woche US-Vizepräsidentin Kamala Harris bei einer Kundgebung in Detroit ausgebuht. Einige riefen: «Kamala, du kannst dich nicht verstecken, wir werden nicht für Völkermord stimmen.» Harris blieb dabei: Sie werde die Forderung nach einem Waffenembargo gegen Israel nicht unterstützen.
Mit ihrer Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen im November steht Bidens Stellvertreterin auch aussenpolitisch im Rampenlicht. Sie ist mit dem linken Flügel ihrer Partei konfrontiert, der gegen Bidens bedingungslose Solidarität mit Israel rebelliert und fordert, gegenüber dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu mehr Druck auszuüben. Auch der wachsende Einfluss der muslimischen Wähler:innen sowie der jungen Leute, die an den zahlreichen Pro-Palästina-Aktionen an den Unis teilnehmen, fordern das Weisse Haus heraus.
Sowohl die demokratischen wie auch die republikanischen Präsidenten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten immer auf die Seite Israels gestellt. Derzeit tut dies Biden mit Zähneknirschen angesichts der Tausenden Toten im aktuellen Gaza-Krieg. Doch Israel ist der wichtigste Bündnispartner der USA im Nahen Osten, was dazu führt, dass Netanjahu dem zur Mässigung aufrufenden US-Präsidenten auf der Nase herumtanzen kann.
Was würde sich ändern, wenn Harris die Wahl gewänne? Die Hoffnungsträgerin der Demokrat:innen versucht, zwischen den Flügeln ihrer Partei zu balancieren. Sie betont regelmässig, dass Israel ein Recht auf Selbstverteidigung habe – gleichzeitig fordert sie einen Waffenstillstand und befürwortet eine Zweistaatenlösung, die Netanjahu nicht will. Harris hat ferner mehrfach betont, dass man unterscheiden müsse zwischen der palästinensischen Zivilbevölkerung und der Hamas; auch sei im Gazastreifen humanitäre Hilfe notwendig.
Die Präsidentschaftsanwärterin würde in Bezug auf den Palästinakonflikt keine Kursänderung einleiten. Allerdings dürfte sich unter ihrer Führung die Tonlage der USA gegenüber Israel ändern. «Es wird Zeit, dass dieser Krieg aufhört», sagte sie Netanjahu bei einem Treffen in Washington. Sie hatte diese Forderung noch vor ihrem Chef Biden gestellt. Entsprechend keimt in der Krisenregion im Mittleren und Nahen Osten die Hoffnung, dass eine Regierung Harris die Menschenrechte vermehrt in den Fokus stellen würde. Doch wenn es in diesem verfahrenen Konflikt hart auf hart kommt, ist absehbar, auf welcher Seite die USA stehen werden: auf jener Israels.