Ab heute, Mittwoch, verhandeln Delegierte der israelischen Geheimdienste und der Armee in Katar mit der Hamas erneut über eine Waffenruhe und einen Gefangenenaustausch. Doch immer wieder sind die Gespräche in der Vergangenheit an einem vierzehn Kilometer langen Streifen Ödland gescheitert: dem Philadelphi-Korridor zwischen Gaza und Ägypten.
An seiner schmalsten Stelle ist der Korridor nur etwa hundert Meter breit, gesichert mit einem hohen Stahlzaun, Stacheldraht und Wachtürmen. Gebaut wurde er nach der israelischen Besetzung 1967 als Grenzstrasse zur ebenfalls von Israel eroberten Sinaihalbinsel – vor allem, um Schmuggel nach Gaza zu unterbinden. Die Israelis waren es, die ihm den Namen Philadelphi-Passage gaben. Ägypter und Palästinenser sprechen vom Salah-al-Din-Korridor.
1979 gab Israel die Sinaihalbinsel an Ägypten zurück und erhielt im Gegenzug einen Friedensvertrag und erstmals die Anerkennung durch einen arabischen Staat. Seit dem einseitigen israelischen Abzug aus Gaza 2005 kontrollierte die ägyptische Armee den Grenzstreifen und den einzigen Übergang bei Rafah. Doch trotz der ägyptischen Präsenz wurden die Grenzanlagen nach der Machtübernahme der Hamas von Hunderten Tunneln untergraben. Die Organisation konnte sich mithilfe der Tunnel über Jahre mit Waffen, Geld und Baumaterial versorgen. 2014 liess der neue ägyptische Präsident Abdel Fatah al-Sisi viele der unterirdischen Wege zerstören. Israel aber wirft Ägypten vor, den Schmuggel nicht vollständig beendet zu haben. Auch damit sei aus israelischer Sicht die Schlagkraft der Hamas am 7. Oktober zu erklären.
Umso mehr begrüssten Hardliner auf israelischer Seite die Eroberung des Philadelphi-Korridors Ende Mai. Israel werde die Kontrolle über die Passage nicht mehr zurückgeben, hatte Netanjahu dann auch in den vergangenen Wochen mehrmals betont, entgegen dem Rat der Spitzen der israelischen Sicherheitsbehörden, die ihn in dieser Frage mehrfach zu Kompromissen gedrängt hatten.
Dass die Hamas eine israelische Präsenz entlang der Grenze ablehnt, überrascht nicht. Aber auch aus Kairo, eigentlich ein Vermittler im Gazakrieg, kommt scharfe Kritik. Die Präsenz der israelischen Soldat:innen entlang der Grenze sei ein Bruch des Friedensabkommens, sagen manche ägyptische Kommentatoren und internationale Beobachter:innen.
Die Gespräche stecken damit in einer Sackgasse. Netanjahus rechtsextreme Koaliationspartner allerdings drohen im Fall eines Abkommens mit dem Rückzug aus der Regierung. Dabei lägen Lösungen auf dem Tisch, darunter etwa eine internationale Kontrolle der Grenze oder die Überwachung mit technischen Mitteln. Doch dazu müssten Netanjahu und die Führung der Hamas ein Abkommen wirklich wollen.