Man hat sich fast daran gewöhnt, dass die SVP Asylsondersessionen einberuft, um den Bundesrat mit menschenverachtenden Vorstössen vor sich herzutreiben. Doch die Session, die am Dienstag und Mittwoch abgehalten wurde, hätte beinahe einen Dammbruch gebracht: Der Nationalrat stimmte am Dienstag dafür, dass vorläufig Aufgenommenen der Familiennachzug verboten werden soll.
Bislang hatten FDP und Mitte-Partei zumindest die Fundamentalangriffe auf Asyl- und Menschenrechte mit abgewehrt. Doch der Umschwung hatte sich angekündigt: Vor dem Hintergrund der verschärften Asyldebatte in Deutschland will sich insbesondere die FDP durch hartes Durchgreifen profilieren (siehe WOZ Nr. 38/24). Dass auch grosse Teile der «Familienpartei» Die Mitte für den Vorstoss stimmten, zeigt, wie weit die Radikalisierung der politischen Mitte fortgeschritten ist.
Zu den vorläufig Aufgenommenen zählen Menschen, die kein Asyl erhalten, aber als Flüchtlinge anerkannt sind, etwa weil in ihrem Herkunftsland Bürgerkrieg herrscht; sowie Personen, denen aufgrund ihrer Flucht aus Unrechtsstaaten bei einer Rückkehr Verfolgung drohte. Viele dieser Menschen leben nicht nur vorübergehend hier, sondern bauen sich unter prekärsten Bedingungen auch ein neues Leben auf. Ihnen das Recht zu verwehren, ihre Familie nachzuholen, verstiesse gegen die Bundesverfassung und viele Abkommen, allen voran die Europäische Menschenrechtskonvention.
Das wissen auch die Befürworter:innen, was ihre Zustimmung noch verwerflicher macht: Es geht um reine Symbolpolitik auf dem Rücken des prekarisiertesten Bevölkerungsteils. Der Rechtsstaat wird die Trennung der Familien nicht zulassen, das wiederum liefert der SVP Munition für neue Angriffe. Eine Menschenrechtsallianz hat sich deshalb vor der Debatte im Ständerat mit einem Appell an die kleine Kammer gewandt. Und diese hat am Mittwoch alle SVP-Vorstösse an die Kommission zurückgeschickt, weil sich grundrechtliche Fragen stellten, mit denen sich die Kommission erst differenziert auseinandersetzen müsse. Es ist eine äusserst brüchige Mauer, die noch steht.
Vorläufig Aufgenommene: Dammbruch verhindert