UNRWA-Verbot: Die falsche Richtung

Am Montag verabschiedete das israelische Parlament mit grosser Mehrheit zwei Gesetze, die die Aktivitäten des Uno-Palästinenser:innenhilfswerks UNRWA in Israel verbieten und den israelischen Behörden jeglichen Austausch mit der Organisation untersagen. Damit stellt das Parlament die Uno-Organisation faktisch auf die Stufe einer Terrororganisation. Israel behauptet seit Monaten, die UNRWA sei von der Hamas unterwandert – eine Anschuldigung, die an den russischen Präsidenten Wladimir Putin erinnert, der die ukrainische Regierung als von Nazis durchsetzt darstellt. In beiden Fällen scheint das Ziel dasselbe: die Legitimität der jeweiligen Organisation infrage zu stellen und damit ein Vorgehen gegen sie zu rechtfertigen.

Die UNRWA ist nicht nur in Gaza aktiv, wo die Hamas seit Jahren die Regierungsgewalt innehat, sondern auch im Westjordanland, wo die rivalisierende Fatah dominiert, sowie in den Nachbarländern Libanon, Syrien und Jordanien. Der Vorwurf, die UNRWA sei von der Hamas unterwandert, entbehrt also jeder Logik. Dass einzelne UNRWA-Mitarbeiter:innen womöglich am Hamas-Massaker vom 7. Oktober beteiligt gewesen sein könnten, wie ein interner Bericht es nahelegt, reicht nicht aus, um der Organisation als ganzer Terrornähe zu unterstellen. Ein externer Untersuchungsbericht hat die UNRWA von genau diesem Vorwurf entlastet.

Sollte der jetzige Beschluss der Knesset wie geplant in drei Monaten umgesetzt werden, könnte dies einen Zusammenbruch der humanitären Hilfe in Gaza zur Folge haben. Zwar kündigt Israel an, alternative Wege finden zu wollen, um in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen Nothilfe an die hungernde Bevölkerung im Gazastreifen zu leisten. Doch warnen Uno-Institutionen und Nichtregierungsorganisationen seit Monaten davor, dass keine von ihnen die zentrale Rolle der UNRWA in Gaza ersetzen kann. Zudem hat Israel selbst im letzten Jahr mehrfach die Versorgung der Zivilbevölkerung in Gaza behindert: durch langwierige Kontrollen von Lastwagen an den Grenzübergängen, fehlende Genehmigungen für den Weitertransport innerhalb Gazas oder durch direkte Angriffe der Armee auf Hilfstransporte. Bereits im Dezember letzten Jahres beschuldigte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Israel, das Aushungern der Bevölkerung Gazas als Kriegswaffe einzusetzen. Dieselbe israelische Regierung, die bisher mit allen Mitteln versuchte, humanitäre Hilfe im Gazastreifen zu blockieren, soll nun die Verantwortung dafür übernehmen, dass ausreichend Unterstützung die Menschen in Gaza erreicht?

Im Februar forderte der Internationale Gerichtshof in Den Haag Israel auf, seinen Verpflichtungen als Mitglied der Genozid-Konvention nachzukommen und «sofortige und effektive» Massnahmen zu ergreifen, um die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zu ermöglichen und die Palästinenser:innen vor dem Risiko eines Genozids zu schützen. Der jüngste Knessetbeschluss stellt nun einen weiteren – vermutlich den drastischsten – Schritt in die entgegengesetzte Richtung dar.