Berner Wahlen: Three Shades of Grünliberal
Die Stadt Bern wählt. Doch aus linker Sicht ist dabei wenig zu gewinnen, auch wenn das auf dem Papier anders aussehen mag. Der bisherige grüne Stadtpräsident Alec von Graffenried wird von der aussichtsreichen SP-Kandidatin Marieke Kruit herausgefordert. Die Stapi-Kandidat:innen der SVP und der Grünliberalen dürften chancenlos bleiben – wobei der amtierende Stapi von Graffenried wie auch die bisherige städtische Verkehrs- und Tiefbauvorsteherin Kruit mit ihrem politischen Profil ebenso gut für die Grünliberalen hätten antreten können. Das demonstrierten die beiden mit ihrer bisherigen Arbeit in der Stadtregierung, bei der sie weder mit linken Ideen noch mit besonderem Tatendrang aufgefallen sind.
Während der oft fahrig wirkende Graffenried schon vor acht Jahren mit seinem eingemitteten Profil Wahlkampf machte und sich mit Stimmen von rechts ins Amt wählen liess, weibelte Verkehrsdirektorin Kruit etwa entgegen dem Willen des Stadtparlaments für den Ausbau der Stadtautobahn. Da wird die SP-Frau gar von der grünliberalen Kandidatin Melanie Mettler links überholt, die sich im Komitee gegen den Autobahnausbau engagiert.
Mutlos agierten die SP und die Grünen in der letzten Legislatur meist auch in der Stadtregierung. Dies obschon sie im fünfköpfigen Gemeinderat über vier Sitze verfügten. Wie zögerlich der Gemeinderat regierte, zeigt sich etwa in der Wohnbaupolitik. Dort vergab er einen grossen Teil der letzten zentralen Baulandreserve an gewinnorientierte Bauträger, obwohl der Anteil der kommunalen und gemeinnützigen Wohnungen in Bern sehr tief ist. Auch andernorts nutzte die Regierung ihren Spielraum bei weitem nicht aus. Stattdessen liess sie sich von der bürgerlichen Lokalpresse und deren oft schrillen Forderungen nach Austeritätspolitik vor sich hertreiben.
Wenn, dann schaffte es Gemeinderätin Franziska Teuscher (Grünes Bündnis), linke Akzente zu setzen, so zuletzt mit einer Überbrückungshilfe, die Menschen ohne Schweizer Pass Zugang zu Nothilfe verschaffen soll. Teuscher tritt zurück, ihre Parteikollegin Ursina Anderegg soll den Sitz verteidigen. Eine Tamedia-Umfrage deutet an, dass dies gelingen dürfte – ein Lichtblick.
Alec von Graffenried, der für die Grüne Freie Liste politisiert, droht gemäss der Umfrage derweil nicht nur als Stapi abgewählt zu werden, sondern auch seinen Regierungssitz an die Grünliberalen zu verlieren. Letztere wären damit erstmals im Gemeinderat vertreten. Dass dies aus linker Sicht keine grossen Emotionen auslöst, sagt viel über rot-grüne Realpolitik aus.